Mediengesetz: Ungarn schreibt Brief an EU

31.01.2011 18:02

Im Streit um das ungarische Mediengesetz versucht Budapest, die EU zu
besänftigen. Alle Regeln seien in vollem Einklang mit EU-Recht,
schreibt die ungarische Regierung und schlägt ein direktes Gespräch
mit der EU-Kommission vor. Die prüft nun.

   Budapest/Brüssel (dpa) - Wenige Tage vor Ablauf der EU-Frist hat

Ungarn «persönliche Gespräche» mit der EU-Kommission zur Entschär
fung
des Streits um das umstrittene Mediengesetz vorgeschlagen. «Geben Sie
unseren Experten die Möglichkeit, mit Mitarbeitern der Kommission zu
beraten», schreibt der ungarische Vize-Ministerpräsident und
Justizminister Tibor Navracsics in einem Brief, der der Deutschen
Presse-Agentur dpa in Brüssel vorliegt.

   Die EU-Kommission reagierte zunächst zurückhaltend. «Wir pr
üfen
das Schreiben nun genauestens», sagte ein Sprecher der für Medien
zuständigen Kommissarin Neelie Kroes am Montag in Brüssel.

   Dennoch dürfte Budapest nicht um Änderungen des Gesetzes, das

Kritiker als Eingriff in die Pressefreiheit werten, herumkommen.
Das räumt auch die ungarische Regierung ein. «Die notwendigen
Änderungen werden gemacht und ich bin absolut überzeugt davon, dass
wir eine akzeptable Lösung für alle finden werden», sagte
Außenminister Janos Martonyi am Montag in Brüssel.

In der Sache verteidigt Ungarn weiter sein Gesetz, das Anfang
des Jahres in Kraft getreten war. «Das Gesetz steht in voller
Übereinstimmung mit den Anforderungen des europäischen Rechts», hei
ßt
es in dem Brief. Dies gelte sowohl für die Registrierungspflicht für
alle Medien wie auch für die Vorschriften für eine ausgewogene
Berichterstattung.

   Brüssel hat Ungarn eine Frist bis diesen Freitag (4. Februar)
gesetzt, um Lösungsvorschläge vorzulegen. Dann treffen sich die
Staats- und Regierungschefs zu einem Sondergipfel in Brüssel.

   Sollte der Brief die Bedenken der Kommission nicht ausräumen,
droht Brüssel mit rechtlichen Schritten und einem Verfahren wegen
Verletzung der EU-Verträge. Dann könnte am Ende der Europäische
Gerichtshof (EuGH) Ungarn zur Umsetzung des EU-Rechts zwingen.

   Ungarn steht im Rampenlicht, da es seit Monatsbeginn als
Ratspräsident die Amtsgeschäfte der Union turnusmäßig führt. Kroe
s
hatte vor allem die Teile des Gesetzes beanstandet, die ihrer Ansicht
nach gegen die Audiovisions-Richtlinie der EU verstoßen. Das Gesetz
ermöglicht massive staatliche Eingriffe in die Medien inklusive
Geldstrafen. Die Aufsichtsbehörde setzt sich ausschließlich aus
Mitgliedern der regierenden national-konservativen Partei Fidesz
zusammen, so dass ihr politische Einflussnahme unterstellt wird.

# dpa-Notizblock

## Internet
- [Text Mediengesetz](http://dpaq.de/qW0Sh)

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- [Ungarisches Justizministerium](Kossuth Lajos tér 2-4, 1055
Budapest)
- [EU-Kommission](Rue de la Loi 200, B-1049 Brüssel, Belgien)