Klonfleisch bleibt im Handel - Weder Verbot noch Kennzeichnung
29.03.2011 16:15
Viele Verbraucher wollen kein Klonfleisch essen. Doch im Supermarkt
können sie es nicht erkennen. Das wird so bleiben: Eine Kennzeichnung
wird es vorerst nicht geben, die EU-Verhandlungen sind gescheitert.
Dafür wird auch die Bundesregierung verantwortlich gemacht.
Brüssel (dpa) - Europas Verbraucher können auch künftig nich
t
erkennen, ob Fleisch oder Milch von den Nachfahren geklonter Tiere
stammt. Solche Produkte müssen in Supermärkten nach wie vor nicht
gekennzeichnet werden. Die Verhandlungen über eine neue EU-Regelung,
die ein Verkaufsverbot und eine Kennzeichnung bei der Vermarktung von
Klonfleisch möglich gemacht hätte, scheiterte nach zwölfstündigen
Gesprächen in der Nacht zum Dienstag. Das Parlament konnte sich mit
seinen weitreichenden Forderungen nicht gegen den Widerstand einiger
EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, und Europäischer
Kommission durchsetzen.
Somit bleibt es bei der gegenwärtigen Rechtslage, die kein Verbot
vorsieht. Steaks, Schnitzel und Käse von Klontiernachkommen landen
weiter bei den Verbrauchern, ohne dass diese davon erfahren - es gibt
dafür keine Zulassungspflicht. Eine Gewähr für klonfreies Fleisch
dürften am ehesten anerkannte Bio-Siegel sein.
Klonen ist in der EU erlaubt. Geklonte Tiere selbst werden in der
EU nicht zu Lebensmitteln verarbeitet. Es kann jedoch sein, dass sich
Produkte von Klontiernachfahren, die mit Bullensperma aus den USA
oder Lateinamerika gezeugt wurden, im Handel befinden. Genaue Zahlen
gibt es nicht.
Der Verzehr von Fleisch, Eiern oder Käse von den Nachkommen
geklonter Tiere ist laut EU-Kommission ungefährlich. Das
hätten wissenschaftliche Untersuchungen eindeutig ergeben, sagte
EU-Gesundheitskommissar John Dalli am Dienstag in Brüssel: «Ja, ich
würde geklontes Rindfleisch essen.»
Europa-Abgeordnete sprachen dennoch von einer schlechten Nachricht
für Verbraucher. «Offenbar wollen die Mitgliedsstaaten, dass die
Verbraucher Klonfleisch essen, ohne dies zu erfahren», kritisierte
der gesundheitspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion,
Peter Liese (CDU).
Eine Lösung sei auch an der Blockade der Bundesregierung
gescheitert. So hat Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP)
nach Worten Lieses bis zuletzt einen Kompromiss blockiert. «Die
Haltung der Bundesregierung war äußerst starrsinnig», sagte
SPD-Gesundheitsexpertin Dagmar Roth-Behrendt. Europa werde nun mit
Milch von den Nachkommen geklonter Kühe überschwemmt.
Die Klonfleisch-Pläne waren Teil einer umfassenden Richtlinie für
neuartige Lebensmittel, zu denen alle Nahrungsmittel zählen, die seit
Mitte der 90er Jahre auf den Markt gekommen sind. Die Verhandlungen
liefen bereits seit drei Jahren. Nun wird die alte Verordnung aus dem
Jahr 1997 weiter gelten. Die EU-Kommission will zwar mit einem neuen
Gesetzesvorschlag kommen, doch dürfte es mindestens bis 2013 dauern,
bis dieser Gesetz wird.
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) bedauerte das
Scheitern. Ein Ministeriumssprecher sagte der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin: «In der Debatte um Klonfleisch geht es
nicht um etwaige gesundheitliche Risiken (...), sondern es geht um
Aspekte des Tierschutzes und der Ethik.»
Die EU-Kommission argumentiert, dass der Aufwand zu hoch sei, um
die Nachfahren von Klontieren zu ermitteln. Zumal laut EU-Behörde das
Klonen in Amerika schnell vorankommt und es dort kein System zum
Erfassen von Klonen gibt. Die EU-Kommission fürchtete, dass
Importbeschränkungen gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO
verstoßen könnten.
«Der Druck kommt vor allem aus den USA, man hat mit
Schwierigkeiten in der WTO und Handelskriegen gedroht», sagte die
niederländische Berichterstatterin im Europaparlament, Kartika
Liotard.
Die nun gescheiterte Verordnung sollte auch die Verwendung von
Nanotechnologie in der Lebensmittelproduktion regeln. Solche
Materialien werden als Rieselhilfe in Salz oder Brühe verwendet. «Die
Anwendung von riskanten Technologien in Lebensmitteln bleibt noch auf
Jahre unzureichend reguliert», kritisierte der Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND).
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