Horst Reichenbach: Ein deutscher Feuerwehrmann für Athen Von Georg Ismar, dpa
19.10.2011 12:31
Horst Reichenbach ist oberster EU-Berater in Griechenland. Er soll
Griechenlands Finanzen sanieren helfen. Und dazu beitragen, die
Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen - eine Herkules-Aufgabe.
Berlin (dpa) - Noch braucht Horst Reichenbach keine Bodyguards.
Aber wer weiß, ob das so bleiben wird bei seinen künftigen Besuchen
in Griechenland. Der gebürtige Kieler ist seit September Leiter der
«Task Force Griechenland» der Europäischen Kommission. Ausgerechnet
ein Deutscher muss also die Aufgabe stemmen, die Griechen beim Suchen
nach neuen Einnahmequellen zu unterstützen.
Er soll die Strukturfonds der EU nach Geldern durchforsten, mit
denen Griechenlands Wirtschaft auf die Beine gebracht werden könnte.
Und es geht darum, wie Griechenland endlich mehr Steuereinnahmen
bekommen kann - gerade die reicheren Bürger sind hier bisher nicht
sehr zahlungswillig.
Die Task Force war auf Wunsch von Griechenlands Regierungschef
Giorgos papandreou gegründet worden. Der 66 Jahre alte Reichenbach
war bisher Vize-Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und
Entwicklung in London und hat davor bei der Kommission in Brüssel als
Generaldirektor gearbeitet. Mit Krisen kennt sich der gut vernetzte
Ökonom bestens aus - in seine Zeit als Leiter der Generaldirektion
für Verbraucherschutz fiel zum Beispiel die BSE-Krise und damit die
Sorge der Verbraucher vor dem Rinderwahn.
Nun muss der ruhig und sehr sachlich wirkende Sozialdemokrat
Reichenbach eine weit schwierigere Aufgabe stemmen. In Athen sind
Deutsche wegen der harten Haltung Berlins gerade nicht gut gelitten.
Reichenbach will den Eindruck vermeiden, der griechischen Regierung
hineinregieren zu wollen.
Er ist kein Mann der lauten Töne, der die Konfrontation sucht. So
will er auch dazu beitragen, dass die Troika aus EU, Internationalem
Währungsfonds und Europäischer Zentralbank künftig auf weniger
Probleme stößt, wenn es darum geht, in Athen die Fortschritte bei der
Schuldensenkung Griechenlands zu überprüfen. Das jüngste
Troika-Drama, das mit der vorzeitige Abreise der Kontrolleure endete,
dürfe sich nicht alle drei Monate wiederholen, fordert er.
Bis 20 Milliarden Euro soll Athen bis 2013 über die Strukturfonds
bekommen, doch erst 60 Prozent davon sind verplant, weil es noch an
aussichtsreichen Projekten mangelt. Es gibt also eigentlich noch
Geld, um einen kleinen Wirtschaftsschub auszulösen. Als besonderes
Wachstumshemmnis in Griechenland empfindet Reichenbach die über zu
wenig Kapital verfügenden griechischen Banken, die kaum mehr Kredite
an Unternehmen vergeben.
Reichenbach richtet sich schon einmal auf eine längere Zeit als
Feuerwehrmann für Athen ein. Er rechnet mit einem Zeithorizont von
mindestens zwei bis drei Jahren. Reichenbach, warnt vor zu hohen
Erwartungen an seine 30-köpfige Expertengruppe bei der
Herkules-Aufgabe: «Wir haben keine Wunderlösungen», betont er.
# dpa-Notizblock
## Internet
- [Aufgaben der Task Force, auf englisch](http://dpaq.de/BTO5j)