Brüssel will mehr Schutz für entsandte Arbeiter - Kritik
21.03.2012 15:34
Polnische Bauarbeiter in Deutschland beschweren sich häufig über
Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Die EU-Kommission will
entsandte Arbeitskräfte nun besser schützen. Dafür will Brüssel hoh
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Hürden für Kontrollen gegen Schwarzarbeit setzen. Da gibt es Kritik.
Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission will die Rechte von entsandten
Arbeitskräften stärken und dabei auch die Hürden für Kontrollen von
Schwarzarbeitern erhöhen. Demnach sollen Kontrollen zum Beispiel auf
dem Bau nur noch nach einem aus Brüssel vorgegebenen Maßnahmenkatalog
erlaubt sein. Zunächst müssten die Behörden versuchen, die nötigen
Informationen vom Arbeitgeber der entsandten Arbeiter oder von dessen
Herkunftsland erhalten. EU-Arbeitskommissar Laszlo Andor legte am
Mittwoch in Brüssel einen entsprechenden Vorschlag vor, um die Rechte
von ausländischen Arbeitskräften zu stärken, die zeitweise in ein
anderes EU-Land entsandt werden.
Die Behörden sollen Arbeitskräfte besser informieren und
Briefkastenfirmen überwachen. Für die Löhne im Bausektor sollen
strengere Auflagen gelten, Beschwerden müssten schneller bearbeitet
werden. «Der Vorschlag schafft Schutzmaßnahmen gegen Sozialdumping
und schlechte Arbeitsbedingungen, vor allem im Baugewerbe, wo laut
Berichten Missbrauch am häufigsten ist», sagte der Kommissar. Der
Vorschlag erhält nur dann Gesetzeskraft, wenn das Europaparlament und
der EU-Ministerrat zustimmen.
Die EU-Kommission stößt mit ihren Plänen auf Kritik. Vor allem der
Passus, dass Länder nicht mehr nach eigenem Ermessen entscheiden
sollen, wie sie die Einhaltung von Sozialvorschriften
überprüfen, gehört dazu. Der CDU-Europaabgeordnete Thomas Mann
kritisierte: «Die Kommission macht sich mit einer Politik der
Samthandschuhe zum Komplizen der Schwarzarbeiter.»
Europaweit sind nach Schätzungen der EU-Kommission etwa eine
Million Menschen von der seit 1996 geltenden Entsenderichtlinie
betroffen. Die meisten arbeiten auf dem Bau, in der Landwirtschaft,
im Transportwesen oder in einfachen Dienstleistungsberufen. Dies sind
Branchen, in denen heimische Unternehmen Konkurrenz fürchten, die
sich nicht an die auch für sie geltenden Vorschriften des Gastlandes
hält.
Deutschland sei eines der größten Empfängerländer für solche
Arbeitskräfte, sagte Andor. Die meisten kämen aus Polen. «Die Zahl
wird weiter steigen.»
Andor wies Kritik zurück. Er habe die Regierungen der EU-Länder
konsultiert und in Berlin auch mit Bundesarbeitsministerin Ursula von
der Leyen (CDU) gesprochen. «Ich habe die Überzeugung gewonnen, dass
viele Bedenken über die Kontrollen aus dem Weg geräumt sind.» Der
Vorschlag der EU-Kommission könne nicht alle Wünsche der
Sozialpartner erfüllen: «Wir haben unser Bestes getan.»
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## Internet
- [EU-Entsenderichtlinie von 2006](http://dpaq.de/nF6Q9)
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