Länder hoffen auf Mehrheit für neuen Glücksspielstaatsvertrag
13.06.2012 15:20
Die Zeit drängt: Bis 1. Juli müssen mindestens 13 Länder-Parlamente
den neuen Glücksspielstaatsvertrag billigen. Noch steht die Mehrheit
nicht, die Regierungen sind aber optimistisch.
Berlin (dpa) - Die Bundesländer haben den Erhalt ihres staatlichen
Lottomonopols noch nicht sicher in der Tasche. Zweieinhalb Wochen vor
dem geplanten Start des neuen Glücksspielstaatsvertrages ist die
nötige Länder-Mehrheit noch nicht erreicht. Die meisten Parlamente
haben die Umsetzung des Vertrages noch nicht beschlossen, streben
dies aber bis Mitte oder Ende Juni an, wie eine dpa-Umfrage ergab.
Der neue Staatsvertrag, der auf Druck der Wettbewerbshüter eine
Öffnung des Glücksspielmarktes für private Anbieter vorsieht, soll am
1. Juli in Kraft treten. Allerdings nur, wenn er von mindestens 13
Ländern gebilligt wurde.
Schleswig-Holstein, das am Donnerstag in Berlin die Konferenz der
Ministerpräsidenten führt, spielt eine Sonderrolle: Die inzwischen
abgewählte schwarz-gelbe Koalition hatte ein eigenes
Glücksspielgesetz erlassen und den Markt weiter liberalisiert.
SPD, Grüne und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) unter dem
neuen Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) wollen das Solospiel
beenden und dem Glücksspielstaatsvertrag beitreten. Kiel will jedoch
prüfen, wie es ohne Schadensersatz das alte Gesetz aufheben kann.
Erste Lizenzen an private Sportwettenanbieter waren vor der Wahl am
6. Mai vergeben worden.
Ende 2011 hatten sich 15 der 16 Bundesländer nach langem Ringen
auf eine Liberalisierung des Glücksspielmarktes verständigt. Sie
wollen das Lottomonopol des Staates erhalten, den Sportwettenmarkt
aber begrenzt öffnen.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt und die Bremer Bürgerschaft haben
das Gesetz kürzlich gebilligt, ebenso das Parlament in Brandenburg.
Die Hamburger Bürgerschaft wird sich damit noch diese Woche befassen.
Eine Ratifizierung ist zu erwarten. Auch im Sächsischen und im
Bayerischen Landtag sollte der Vertrag noch diese Woche auf der
Tagesordnung stehen. Das Parlament in Niedersachsen will den
Glücksspielstaatsvertrag in der kommenden Woche billigen.
In Nordrhein-Westfalen wird ebenfalls von einer Zustimmung
ausgegangen, da SPD und Grüne seit der Landtagswahl vom 13. Mai eine
Mehrheit haben. Am 20. Juni soll Hannelore Kraft (SPD) als
Regierungschefin gewählt werden. Möglicherweise am Tag darauf steht
der Staatsvertrag zur Abstimmung. Auch in den Landtagen von
Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern steht die Ratifizierung
auf der Plenarsitzung am 20./21. Juni auf der Tagesordnung.
Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg erwartet, dass
der Vertrag zur Neuregelung des Glücksspiels rechtzeitig ratifiziert
wird. Hessen strebt einen Parlamentsbeschluss bis Ende Juni an. In
Thüringen wurden bis Anfang Juni Experten befragt. Laut
Landtagsverwaltung wird mit einer Verabschiedung vor der
parlamentarischen Sommerpause gerechnet - also bis Ende Juli.
In Berlin hält sich der von SPD und CDU geführte Senat bedeckt.
Das Saarland ist auch mit der neuen Regierung zuversichtlich, den
Vertrag rechtzeitig zu ratifizieren. Ein Datum stand aber noch nicht
fest. Das Land verweist auf eine Sonderrolle: Im Haushalt sei kein
Geld eingestellt für Sport. Der finanziere sich ausschließlich über
Lotto: «Für uns ist es höchste Devise, das Glücksspielmonopol zu
erhalten, deshalb haben wir auch von Beginn an Druck gemacht.»
Künftig sollen 20 private Anbieter von Sportwetten für einen
Zeitraum von zunächst sieben Jahren länderübergreifende Konzessionen
erhalten. Bei Lotterien bleibt es beim staatlichen Monopol. Für
Casinospiele einschließlich Poker gilt auch in Zukunft die Begrenzung
des Angebots auf Spielbanken.
Die EU-Kommission hatte nach Prüfung des Vertragsentwurfs auch auf
«potenzielle Schwächen» hingewiesen. Aus Sicht privater Anbieter hat
Brüssel eine «abschließend positive Stellungnahme» verweigert, ein
Vertragsverletzungsverfahren drohe. Das sehen die Länder und
staatlichen Lottogesellschaften anders.
Der neue Glücksspielstaatsvertrag sollte eigentlich schon Anfang
2012 in Kraft treten. Die Neufassung war nach einem Urteil des
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erforderlich. Demnach ist ein
staatliches Monopol nur zulässig, wenn es die Suchtgefahr bei allen
Spielarten konsequent bekämpft.
# dpa-Notizblock
## Internet
- [Entwurf neuer Staatsvertrag vom 15.12.2012](http://dpaq.de/eF08s)
- [Erläuterungen](http://dpaq.de/Jw6xe)
- [Derzeitiger Glücksspielstaatsvertrag](http://dpaq.de/aFSkr)