Brüssel will Autofahrer häufiger zum TÜV schicken

12.07.2012 16:56

Ob der Wagen den TÜV noch mal schafft? Viele zittern vor der
Hauptuntersuchung. Wenn es nach der EU-Kommission geht, dann bangen
gerade Besitzer älterer Autos demnächst noch häufiger: Für sie
schlägt die Brüsseler Behörde einen jährlichen TÜV vor.

Brüssel (dpa) - Mehr Checks für alte Karren: Die EU-Kommission
will betagte Wagen jährlich zum TÜV schicken. In Deutschland gilt
bisher ein Intervall von zwei Jahren. Außerdem will Verkehrskommissar
Siim Kallas Regeln für privat geführte Werkstätten festlegen, die
solche Sicherheitstests machen. Das geht aus einem Gesetzentwurf vor,
der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Am Freitag will Kallas die
Pläne offiziell vorstellen. Verschiedene Medien hatten Mitte Juni
bereits über das Vorhaben berichtet.

Die häufigeren Hauptuntersuchungen könnten beim Besitzer zu Buche
schlagen, fürchtet der SPD-Europaabgeordnete Ismail Ertug. «Wer fährt

denn alte Autos? Leute, die nicht viel Geld haben», sagt er. Das
müsste der Gesetzgeber zumindest berücksichtigen.

Der Entwurf des Gesetzes sieht für die meisten Neuwagen die erste
Hauptuntersuchung nach vier Jahren vor, dann nach zwei Jahren und
danach jährlich. Ab einem Kilometerstand von 160 000 soll die Prüfung
ebenfalls jedes Jahr fällig werden, genauso für Taxis oder
Notarztwagen. In vielen europäischen Ländern gibt es bereits eine
jährliche Prüfung, die zum Teil aber später einsetzt.

Der ADAC hingegen wehrte sich gegen die Pläne: «Jetzt will die
EU-Kommission noch eins draufsetzen und die deutschen Autofahrer noch
mehr zur Kasse bitten», teilt der Verband mit. Kürzere Prüfintervalle

führten nicht zu mehr Verkehrssicherheit. Technische Mängel seien nur
für 0,5 Prozent der schweren Unfälle verantwortlich.

Die EU-Kommission sieht das anders. Sie schätzt in dem
Gesetzesentwurf, dass mehr als 2000 Verkehrstote jährlich auf Europas
Straßen technischen Mängeln zum Opfer fallen. Gemessen an Zahlen aus
dem Jahr 2009 entspräche dies einem Anteil von mehr als fünf Prozent.

Der TÜV Süd begrüßte das Vorhaben. Es sei «richtig und
nachvollziehbar», die Prüffristen in den EU-Ländern zu
vereinheitlichen. Ältere Fahrzeuge seien auch anfälliger für
Probleme.

Die Prüforganisation Dekra bewertete die Pläne positiv. «Es gibt
Untersuchungen, dass ältere Fahrzeuge vermehrt Mängel haben, das ist
eine Tatsache», sagte Dekra-Sprecher Norbert Kühnl. «Dass die
Verkehrssicherheit weiterentwickelt wird, ist grundsätzlich zu
begrüßen.» Kühnl betonte jedoch, die Pläne erst nach Vorliegen de
s
Entwurfs endgültig bewerten zu können.

Im Bundesverkehrsministerium hieß es auf Anfrage, der Vorschlag
der Kommission solle geprüft werden, sobald er auf dem Tisch liege.
Minister Peter Ramsauer (CSU) hatte bereits Mitte Juni signalisiert,
dass er von einer Verkürzung der Intervalle auf ein Jahr gar nichts
halte. Die Prüfpraxis in Deutschland habe sich bewährt und könne
hilfreiche Orientierung in anderen EU-Ländern sein.

Wenn EU-Verkehrskommissar Kallas das Papier am Freitag vorstellt,
beginnt die Debatte erst. Dann nämlich befassen sich Europaparlament
und EU-Staaten mit dem Vorschlag.