EZB und Brüssel streiten über Koordinierung der Haushaltspolitik

27.10.2013 13:43

Als Konsequenz aus der Schuldenkrise erhalten die EU-Staaten aus
Brüssel Empfehlungen für ihre Haushaltspolitik. EZB-Spitzenvertreter
Asmussen kritisiert nun: Die Umsetzung funktioniert nicht wirklich.
Die Kommission widerspricht.

Berlin/Brüssel (dpa) - EU-Kommission und EZB streiten über die
angestrebte engere wirtschaftliche Abstimmung in Europa. «Im letzten
Jahr sind nur zehn Prozent der länderspezifischen Empfehlungen der
EU-Kommission umgesetzt worden», sagte Jörg Asmussen,
Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), dem
«Spiegel». EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn
verteidigte hingegen das bestehende System. «Es funktioniert», sagte
Rehn dem Nachrichtenmagazin. Hintergrund des Streits sind die
Konsequenzen der EU aus der Staatsschuldenkrise, deren mangelnde
Umsetzung Asmussen nun beklagt.

Als Reaktion auf die Krise hatte die Europäische Union ihre
Budget- und Wirtschaftsüberwachung verstärkt. Bevor in den
Hauptstädten die Haushalte für das kommende Jahr verabschiedet
werden, müssen die Grundlinien in Brüssel gebilligt werden. Dabei
geht es um Leitlinien an die Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission
verabschiedet im Juni konkrete länderspezifische Empfehlungen für
jedes EU-Land. Diese enthalten Vorgaben für die Haushalte des
folgenden Jahres und sollen helfen, dass die Länder zum Wachstum
zurückkehren und die Arbeitslosigkeit sinkt.

Die mangelnde Umsetzung zeigt laut EZB-Direktoriumsmitglied
Asmussen, «dass die im Prinzip richtigen Verfahren der
wirtschaftspolitischen Koordinierung in Europa nicht richtig
funktionieren». Das Defizit liege nicht in der Erkenntnis, sondern in
der Umsetzung. «Es macht wenig Sinn, ständig neue Verfahren zur
wirtschaftlichen Koordinierung zu erfinden, wenn die bestehenden
nicht angewendet werden.»

Das sieht der zuständige EU-Kommissar Rehn völlig anders: Die
Euro-Zone habe «eine beispiellose Vertiefung der wirtschaftlichen
Integration»" erreicht. «In den vergangenen drei Jahren haben wir
einen Quantensprung hin zu mehr wirtschaftspolitischer Koordinierung
unternommen.»

In einer Woche, am 5. November legt Rehn die EU-Herbstprognose
vor, die unter anderem Auskunft über das Bruttoinlandsprodukt,
Inflation, Arbeitslosigkeit und die öffentlichen Finanzen in der EU
gibt.