Google könnte im Streit mit Brüssel einer Strafe entgehen
05.02.2014 16:37
Ob Hotelsuche oder Preisvergleich: Wer bei Google im Internet sucht,
soll künftig mehr Auswahl haben. Der US-Konzern will nach jahrelangem
Tauziehen mit der EU-Kommission die Anzeige von Suchergebnissen
ändern. Deutsche Verleger-Verbände laufen gegen den Kompromiss Sturm.
Brüssel (dpa) - Google dürfte im Wettbewerbsstreit mit der
EU-Kommission mit neuen Zugeständnissen um eine drohende
Milliardenstrafe herumkommen. Nach drei Jahren Streit um die Anzeige
der Ergebnisse bei der Google-Internetsuche stellte die EU-Kommission
am Mittwoch eine Beilegung des Falls in Aussicht. «Die Vorschläge
reichen meiner Ansicht nach aus, um unsere Bedenken auszuräumen»,
sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Mittwoch in Brüssel.
«Die Probleme der Vergangenheit werden in Zukunft nicht mehr
auftreten.»
Formal soll die Entscheidung zwar erst in einigen Monaten fallen,
da die EU-Kommission noch die Meinung von Google-Konkurrenten
einholen will. Doch Almunia ließ keinen Zweifel daran, dass der Fall
beigelegt werden soll: «Ich sehe nicht, warum ich meine Meinung
ändern sollte.» Da die Beschwerdeführer bereits mehrfach befragt
wurden, sei ein neuer Markttest nicht notwendig. «Bei uns geht es um
den Schutz des Wettbewerbs und des Verbrauchers - und nicht darum,
die Konkurrenten selbst zu schützen», betonte der EU-Kommissar.
Deutsche Verleger-Verbände wollen eine Lösung auf Basis der
aktuellen Google-Zugeständnisse noch kippen. Sie appellierten an die
übrigen Mitglieder der EU-Kommission, «diese für europäische
Verbraucher, Wirtschaft und Medienvielfalt katastrophale Entwicklung
zu verhindern». Die Vorschläge des Konzerns seien «vollkommen
inakzeptabel», erklärten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger
(BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). «Mit
diesem halbgaren Kompromiss öffnet Kommissar Almunia dem
Marktmissbrauch des Suchmaschinen-Giganten Tür und Tor.»
Der Streit dreht sich um die Suchanzeigen in spezialisierten
Bereichen wie dem Kartendienst Maps, Preisvergleiche oder die Suche
nach Hotels und Restaurants. Die EU-Kommission wirft Google vor, eine
marktbeherrschende Stellung auszunutzen. Der Konzern benachteilige
Wettbewerber wie Microsoft und Preis- oder Reisesuchmaschinen und
rücke eigene Dienste in den Vordergrund.
Nun will Google Links zu alternativen Angeboten deutlich
sichtbarer anzeigen. Der Konzern garantiert laut Almunia, beim
Suchergebnis neben eigenen Spezial-Services für Waren, Hotels oder
Restaurants stets auch drei Konkurrenzangebote anzuzeigen. Diese
sollen bei jeder Suchanfrage mit einem «objektiven Verfahren» nach
den Google-Algorithmen ausgewählt werden. Almunia sagte: ««Die
Konkurrenzdienste werden für Nutzer klar sichtbar und attraktiv
sein.» Dabei gelte das Gleichheitsgebot: Stelle Google etwa bei
seinen Treffern ein Foto dazu, müsse auch das Angebot des Rivalen ein
Foto enthalten.
Diese Zusagen sollen für fünf Jahre verbindlich werden und für
alle Verbraucher gelten, die Google-Webseiten von einer europäischen
IP-Adresse aus nutzen. Google will sich auch bei noch kommenden
Diensten daran halten. Die Einhaltung soll ein unabhängiger Aufseher
überwachen. Google hat in den EU-Ländern zum Teil über 90 Prozent
Marktanteil bei der Internet-Suche. In den USA war eine ähnliche
Untersuchung der dortigen Wettbewerbshüter für Google glimpflich
ausgegangen.
In Brüssel hatten sich 18 Konkurrenten beschwert. Schon der sich
abzeichnende Kompromiss mit der Kommission war bei Europäischen
Zeitungsverlegern und Wirtschaftsverbänden im Vorfeld abgelehnt
worden.
In dem Verfahren hatte Google auf Druck aus Brüssel mehrfach
Änderungen in der Anzeige seiner Suchergebnisse angeboten und
nachgebessert. Am Mittwoch erklärte Kent Walker, Leiter der
Google-Rechtsabteilung: «Wir werden in Europa wichtige Änderungen an
der Art machen, wie Google arbeitet.»
Es ist nicht das erste Mal, dass Brüssel sich wegen
Wettbewerbsbedenken mit einem IT-Giganten anlegt. So verhängte
Brüssel gegen den Software-Konzern Microsoft Bußgelder in Höhe von
insgesamt 1,7 Milliarden Euro, unter anderem weil Microsoft nur
seinen eigenen Internet-Browser mit dem Betriebssystem auslieferte.