Grenzgemeinden machen mit EU-Hilfe gegen Hochwasser mobil Von Birgit Reichert, dpa

11.04.2014 08:30

Die Orte liegen in zwei Staaten, hatten aber ein gemeinsames Problem:
Hochwasser. Im Kampf dagegen schlossen sich das deutsche Ralingen und
das luxemburgische Rosport-Steinheim am Fluss Sauer zusammen. Die EU
hat das grenzüberschreitende Projekt unterstützt.

Ralingen/Rosport (dpa) - Mit dem «Jahrhundert-Hochwasser» Anfang 2003
kam die Katastrophe. Der deutsch-luxemburgische Grenzfluss Sauer trat
über die Ufer und flutete Dutzende Häuser - im deutschen Ralingen und
im schräg gegenüberliegenden luxemburgischen Rosport-Steinheim.
«Große Teile der Orte standen komplett unter Wasser», erinnert sich
der Ortsbürgermeister von Ralingen, Oswald Disch. Zwar waren die
Anwohner Hochwasser auch aus den Jahren 1993 und 1995 gewohnt. «Aber
so große Schäden wie 2003 hatten wir noch nie. Es war schlimm.»

Schnell war klar, dass etwas getan werden musste. Und dass dies nur
grenzüberschreitend Sinn machte. «Eine einseitige Maßnahme hätte da
s
Wasser ja nur zum Nachbarn gespült», sagt Disch. So wurde zwischen
2009 und 2011 ein gemeinsames Hochwasserschutzprojekt gestemmt, das
die Orte seitdem gegen Überflutung sichert. «Das Projekt ist ein
Riesenerfolg», sagt der 55-Jährige. Und sein Amtskollege in Rosport,
Romain Osweiler, fügt hinzu: «Ein großer Gewinn für das Tal, denn d
ie
Gemeinden sind quasi hochwasserfrei geworden.»

Von den Gesamtkosten von 5,9 Millionen Euro kamen 1,77 Millionen Euro
aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Rahmen des
Programms Interreg IV A Großregion. Dieses Programm fördert die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Elf-Millionen-Einwohner-Raum
«Großregion». Zu ihr gehören neben Rheinland-Pfalz und dem Saarland

auch Lothringen, Luxemburg, die deutschsprachige Gemeinschaft
Belgiens und die Wallonie. Den Rest der Kosten trugen auf deutscher
Seite das Land Rheinland-Pfalz und die Verbandsgemeinde Trier-Land.

Das Projekt fällt nicht nur aus der Reihe, weil es Orte aus zwei
EU-Staaten einbindet, sondern auch, weil es ohne den Bau von Mauern
auskommt und ökologisch ist: Das Flussbett wurde verbreitert, neue
Nebenarme wurden angelegt. «An einer Stelle ist die Sauer jetzt 40
Meter breiter», erläutert Disch. Zudem verschwanden Uferbefestigungen
und Vorland. Der Pegelstand der Sauer konnte so in Ralingen um 50 und
in Rosport-Steinheim gar um 80 Zentimeter gesenkt werden.

«Das Schutzprojekt wirkt», sagt Helmut Schmidt, der in Ralingen etwa
30 Meter von der Sauer entfernt wohnt. Seit den Arbeiten sei er von
Hochwasser verschont geblieben. Im Jahr 2003 dagegen stand bei ihm
der Fluss bis über den Küchentisch im Haus - das Gebäude war lange
unbewohnbar. Der Schaden: Rund 110 000 Euro, sagt der Bauingenieur.

Bürgermeister Osweiler hat festgestellt: «Die Menschen sind ruhiger
geworden, auch wenn es ein paar Tage regnet.» Die 173 Kilometer lange
Sauer reicht von Belgien bis ins deutsch-luxemburgische Grenzland und
mündet bei Wasserbillig in die Mosel.

In der Förderperiode 2007 bis 2013 flossen über EU-Fonds insgesamt
rund 624 Millionen Euro nach Rheinland-Pfalz, berichtet die
Vertretung des Landes beim Bund und der EU. Zig Projekte, Betriebe
und Institutionen wurden unterstützt: Vom neu gegründeten Dorfladen
in Greimersburg (Kreis Cochem-Zell) über die Europäische
Rechtsakademie in Trier bis zum Photonik-Zentrum in Kaiserslautern.

Ralingen und Rosport mit ihren je rund 2200 Einwohnern arbeiten seit
Jahren eng zusammen. «Hier ist eine Ecke, wo Europa gelebt wird»,
sagt der Ortsbürgermeister aus dem deutschen Ralingen, der mit einer
Luxemburgerin verheiratet ist. Gemeinsam habe man Sportanlagen, einen
Kinderspielplatz und eine Kläranlage gebaut. Von 2005 bis 2010 seien
dafür rund 5,5 Millionen Euro an EU-Geldern geflossen. Und es geht
weiter: Als Nächstes sei eine Fußgängerbrücke über die Sauer gepl
ant.
«Dann kommen wir uns noch näher», ist sich Disch sicher.