Brief aus Brüssel zu Nitrat: Regierung muss beim Düngerecht nachlegen
24.03.2019 12:59
Zu viel Nitrat im Wasser schadet Pflanzen und Tieren - und kann zu
Problemen mit dem Trinkwasser führen. Bauern sollen deswegen weniger
düngen. Doch die Bundesregierung tut sich schwer mit strengeren
Regeln. Nun steigt der Druck.
Berlin/Brüssel (dpa) - Im Kampf gegen zu viel Nitrat im Grundwasser
kommen strengere Auflagen fürs Düngen auf die deutschen Bauern zu.
Die Nachschärfung des Düngerechts, die die Bundesregierung in den
vergangenen Wochen vorgelegt hatte, ist der EU-Kommission zu lasch.
Sie verlangt schon bis Ende März einen weiteren Aufschlag aus Berlin.
Bei den Landwirten formiert sich Widerstand. Agrarministerin Julia
Klöckner (CDU) zeigt Verständnis, Umweltministerin Svenja Schulze
(SPD) dringt auf ein rasches Handeln der Koalition.
Vor allem in Gebieten mit landwirtschaftlich genutzten Gebieten ist
das Grundwasser in Deutschland an vielen Stellen zu stark mit Nitrat
belastet. Es stammt hauptsächlich aus Dünger, etwa Gülle, denn
Pflanzen brauchen Nitrat zum Wachsen. Wenn Gewässer aber überdüngt
sind, schadet das Pflanzen und Tieren. Aus Nitrat entstehen zudem
Nitrite, und die sind gefährlich für die Gesundheit.
Weil die EU-Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser an vielen
Messstellen gerissen werden, hat Deutschland schon Ärger mit der EU.
2017 wurde nach langem Streit zwischen Agrar- und Umweltministerium
das Düngerecht verschärft. Weil das aus EU-Sicht nicht ausreichte,
hat die Bundesregierung im Januar und Februar nachgelegt. Doch auch
das war zu wenig: In einem Brief vom vergangenen Montag nannte
Umweltkommissar Karmenu Vella dies «nicht ehrgeizig genug» und
forderte, das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen.
Zudem kritisierte er, dass sich die deutschen Behörden Anfang März
noch nicht zu «weiteren erforderlichen Gesetzesänderungen»
verpflichtet hätten, und forderte Nachbesserungen bei den
Dünge-Sperrzeiten und der Düngung auf stark geneigten Böden. Wenn
Deutschland beim Nitrat weiter gegen EU-Vorgaben verstößt, drohen
teure Strafzahlungen.
Politisch ist das kompliziert, weil das EU-Verfahren sich gegen das
Umweltministerium richtet, aber das Agrarministerium für das
Düngerecht zuständig ist. «Auch um teure Strafzahlungen an die EU zu
vermeiden, muss die Bundesregierung das Düngerecht schnell weiter
verbessern», sagte Umweltministerin Schulze der dpa.
Agrarministerin Klöckner kündigte an, Anfang April an einer
Kundgebung von Bauern in Münster teilzunehmen. Es gehe darum, zu
verdeutlichen, dass Grundwasserschutz alle angehe, dass die EU
Vorgaben mache und diese praktikabel sein müssten, schrieb sie auf
Twitter.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), in dem Trinkwasserversorger
organisiert sind, begrüßte den Druck aus Brüssel. «Wir brauchen
deutlich mehr Anstrengungen, um den Nitrateintrag in unsere Gewässer
zu reduzieren», sagte VKU-Vizepräsident Karsten Specht. Wenn der
Aufwand für Aufbereitung von Trinkwasser steige, werde die
Wasserversorgung teurer. Sicherung der Ressourcen müsse an oberster
Stelle stehen, wenn Gesetze und Verordnungen überarbeitet würden.