Auf einen Blick: Niederlassungsfreiheit
Selbständige aus einem Mitgliedstaat der EU können sich überall in der Union niederlassen und ihrer Tätigkeit nachgehen. Sie müssen allerdings die Qualifikationsanforderungen erfüllen, die im Land der Niederlassung an ihren Berufsstand gestellt werden.
Bürger aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union dürfen nicht aufgrund ihrer Nationalität beim Zugang zur Arbeit, den Arbeitsbedingungen und den Sozialleistungen gegenüber den Bürgern ihres Gastlandes benachteiligt werden. Dieser "Gleichbehandlungsgrundsatz" gilt auch für Selbständige: Sie können ihre Tätigkeit in einem anderen EU-Land unter den gleichen Bedingungen aufnehmen und ausüben wie die Staatsangehörigen ihres Gastlandes. Allerdings können eine Gewerbeanmeldung oder Registrierung beim Finanzamt Voraussetzung für die Eröffnung eines Betriebes oder einer Praxis sein.
Wer sich in einem anderen EU-Land niederlassen will, muß die im jeweiligen Land gültigen Anforderungen an seinen Berufsstand erfüllen. Die örtlichen Gewerbe- und Berufsbestimmungen beinhalten meistens auch den Nachweis der entsprechenden Berufsqualifikation, der natürlich auf die jeweiligen inländischen Abschlüsse abgestellt ist. Durch die europäischen Regelungen zur Anerkennung der Diplome werden die Abschlüsse jedoch in vielen Berufen problemlos anerkannt. So hat die Europäische Union bereits in den 70er Jahren Richtlinien für die Anerkennung der Diplome von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Krankenschwestern und -pflegerinnen, Hebammen, Apothekern und Architekten erlassen. In anderen Berufen erkennen die Mitgliedstaaten die Berufsabschlüsse aus den anderen EU-Ländern gegenseitig an.
Schwierig wird es erst, wenn sich die Berufsausbildungen stark voneinander unterscheiden. So sind zum Beispiel die Qualifikations-Anforderungen für Makler nicht europäisch geregelt und innerhalb der EU oft nicht einmal vergleichbar. In Deutschland kann man auch ohne spezielle Ausbildung ein Maklerbüro eröffnen. In Frankreich dagegen ist eine umfassende Ausbildung nötig. In diesem Fall ist es nach europäischem Recht zulässig, daß das Land mit dem höheren Qualifikations-Niveau den Besuch von Anpassungslehrgängen verlangt. Oft können jedoch bestimmte Teile der Ausbildung aus einem anderen EU-Land anerkannt werden.
Nach der Niederlassung müssen Selbständige - ebenso wie Arbeitnehmer - eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen. Hierfür dürfen sie sich nach ihrer Einreise nicht länger als drei Monate Zeit lassen. Welche Papiere dabei vorgelegt werden müssen, ist nicht europäisch geregelt. Meistens reicht die Gewerbe- und Finanzamtsanmeldung aus. Bei der ersten Aufenthaltserlaubnis wird der Nachweis eines bestimmten Einkommens in der Regel nicht gefordert werden; sobald jedoch öffentliche Unterstützung in Form von Sozialhilfe in Anspruch genommen wird, gibt es mit der Aufenthaltserlaubnis für Erwerbstätige Schwierigkeiten. Auch die Familienangehörigen eines Selbständigen können im Gastland ohne weitere Formlitäten eine Arbeit annehmen.
Selbständige sind in der Regel in dem Land krankenversichert, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben. Dies gilt auch, wenn sie ihren Wohnsitz im Heimatland beibehalten. Wer als Selbständiger weiterhin in Deutschland versichert bleiben möchte - etwa weil die Tätigkeit im Ausland von vornherein zeitlich begrenzt ist - , braucht für seinen Auslandsaufenthalt das europäische Krankenscheinformular "E 106" für "Arbeitnehmer und Selbständige und ihre mit ihnen lebenden Familienangehörigen".