Portugal-Krise: Bettdecken statt Rettungsschirm Von Max-Morten Borgmann, dpa
12.01.2011 17:39
Neue portugiesische Staatsanleihen gingen am Morgen an den Markt -
der Ministerpräsident am Nachmittag auf die Messe. In Frankfurt
besuchte José Sócrates die Heimtextil - und demonstrierte Zuversicht
zwischen Stoffballen.
Frankfurt/Main (dpa) - Draußen nieselt es, und seinem Land droht
ein finanzielles Gewitter - aber Portugals Ministerpräsident macht
auf gut Wetter. Mit Regenschirm statt Rettungsschirm kommt José
Sócrates auf die Frankfurter Messe Heimtextil und kündigt an, sein
Land brauche keine Hilfen von den Euroländern oder dem
Internationalen Währungsfonds (IWF). «Wir sind in der Lage, unsere
Arbeit alleine zu erledigen», sagt er. Nur Vertrauen und Zuversicht,
so wie am Morgen von den Märkten demonstriert, sei notwendig.
Umringt von einer 50-köpfigen Menschentraube lächelte sich
Portugals Ministerpräsident mehr als zwei Stunden lang durch die
Messehallen 10 und 11. Warme Worte am Stand für Bettdecken,
freundliches Kopfnicken neben Stoffbahnen - von einer drohenden
Staatspleite beim haushaltspolitischen Wackelkandidaten war neben dem
gewaltigen Medienandrang nichts zu sehen.
Fast nichts: «Er hat gesagt, dass wir unseren Export verbessern
müssen. Das sei in dieser Situation sehr wichtig», sagt die 28 Jahre
alte Mara Marinho, die an einem Stand bunte Stoffdecken sortiert. Den
Ministerpräsidenten vor sich zu haben sei für sie eine große Ehre.
Sonst kennt sie ihn ja nur aus dem Fernsehen.
Sócrates sei wirklich nur für den Messebesuch und ein abendliches
Geschäftsessen in der Stadt, beteuert einer seiner Berater. Kein
Abstecher zu EZB-Chef Jean-Claude Trichet, kein Treffen mit
Bundeskanzlerin Angela Merkel und IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn,
die am Abend in Berlin zusammenkommen sollten. Stattdessen sitzt er
mit vier portugiesischen Stoffhändlern an einem kleinen Holztisch und
lobt deren Arbeit.
Aber es gibt auch Kritik: «Ich habe ihm gesagt, dass wir große
Probleme mit den Baumwollpreisen haben», sagt die portugiesische
Textilherstellerin Manuela Dias. Aber der Regierungschef habe sie
wieder nur vertröstet, geduldig zu bleiben. «Dabei haben wir
Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen. Und die Baumwollpreise haben
sich mehr als verdoppelt.» Sócrates könne nur gut reden, aber, klagt
die 62-Jährige, wirklich geholfen habe sein ihr Besuch nicht.
Portugals Staatsfinanzen womöglich auch nicht.
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