Korruption an Rumäniens Grenze: Ein Fass ohne Boden Von Kathrin Lauer, dpa
10.02.2011 14:06
An Rumäniens Grenzen lief jahrelang vieles wie geschmiert - der
Schmuggel blühte. Jetzt will Bukarest unter den korrupten Grenzern
aufräumen, schon um sein ramponiertes Image in Europa aufzupolieren.
Doch das scheint nicht der einzige Grund zu sein...
Bukarest (dpa) - Eines Tages hatte Nicoleta Dobrescu genug. Erst
hatte die Zollbeamtin sage und schreibe 130 000 Euro Schmiergeld
bezahlen müssen, um den Chefposten am rumänisch-ukrainischen
Grenzübergang Halmeu zu bekommen, einem der Haupt-Schlupflöcher für
Schmuggelzigaretten. Wenige Monate nach ihrer Ernennung verlangte man
von ihr 300 000 Euro, damit sie ihren Posten behalten kann. Da
reichte es ihr. Sie zeigte sich selbst an. Das Schmiergeld hatte sie
durch Zigarettenschmuggel und von privaten Geldverleihern beschafft.
Jetzt, da alles publik geworden ist, ist Dobrescu unauffindbar.
Wie die Staatsanwaltschaft in ihrem Ermittlungsbericht festhält, sind
Teile dieses Geldes an eine nicht genannte politische Partei
geflossen und an Dobrescus obersten Chef in Bukarest, Traian
Marginean. Dieser wurde jetzt deswegen vor die Tür gesetzt. Und in
rollenden Einsätzen nimmt die Polizei jetzt täglich Dutzende von
korrupten Zöllnern und Grenzpolizisten fest, in Untersuchungshaft
sitzen mittlerweile 145.
Räumt Rumänien jetzt mit der Korruption des Grenzschutzpersona
ls
auf, um der EU doch noch zu beweisen, dass das Land reif ist für den
Beitritt zur grenzkontrollfreien Schengen-Zone? Vieles spricht
dagegen. Zum einen ist der ursprünglich für diesen März geplante
Schengen-Beitritt ohnehin vom Tisch. Er wurde für unbestimmte Zeit
aufgeschoben, weil Deutschland und Frankreich wegen der grassierenden
Korruption dagegen waren.
Zum anderen ist unklar, warum die Aktionen gegen die Korruption
erst jetzt erfolgen, zumal das Problem schon lange bekannt ist. Seit
Jahrzehnten kennen die Rumänen die luxuriösen Villen der
Grenzbeamten, die diese unmöglich von ihrem Gehalt finanzieren
konnten. Zudem soll der rumänische Geheimdienst dem Staatspräsidenten
Traian Basescu schon seit dem Jahr 2005 «tonnenweise» Material
darüber vorgelegt haben. Das sagte jetzt Claudiu Saftoiu, Ex-Berater
Basescus und zeitweise auch Chef des Auslandsgeheimdienstes SIE.
Unabhängige Tageszeitungen kommentieren jetzt, dass hinter den
Polizeiaktionen Basescu persönlich stecke, da er einen Schlag gegen
seinen früheren Wahlkampfchef und heutigen politischen Konkurrenten
Vasile Blaga plane. Blaga war von 2004 bis 2007 sowie 2009 und 2010
Innenminister und somit oberster Dienstherr des korrupten
Grenzpersonals. Basescu selbst deutete neulich etwas an: Auf dem
«Schachbrett» der Korruption an Rumäniens Grenzen gelte es nun, «di
e
Königin» auszuschalten, sagte er in einem TV-Interview. Aber wer die
«Königin» ist, sagte er nicht.
# dpa-Notizblock
## Orte
-[Grenzübergang] (Halmeu, nahe der Stadt Satu Mare, Nordwestrumänien)
## Internet
- [Rumänisches Innenministerium] (www.mai.gov.ro)