(Gesamtzusammenfassung 1330) Tag der Entscheidung für die Eurozone Von Martin Romanczyk, dpa (Mit Bild)

25.10.2011 13:36

Es wird ein denkwürdiger Tag in der Geschichte des Euro. Beim
erneuten Krisengipfel werden wegweisende Entscheidungen zur Lösung
der Schuldenkrise erwartet. Kanzlerin Merkel hofft zuvor auf breiten
Rückhalt ihrer Koalition im Bundestag. Italiens Ministerpräsident
Berlusconi ringt um seine Regierungsmehrheit.

Berlin/Brüssel (dpa) - Entscheidende Stunden im Kampf gegen die
Schulden- und Bankenkrise in Europa: Die Staats- und Regierungschefs
der Europäischen Union und der Eurozone kommen am Mittwoch erneut in
Brüssel zusammen, um den Weg für ein umfassendes Maßnahmenpaket zu
ebnen. Kanzlerin Angela Merkel hofft vor dem zweiten Gipfeltreffen
binnen vier Tagen auf einen erneuten Vertrauensbeweis der
Abgeordneten ihrer schwarz-gelben Regierung.

Der Bundestag stimmt am Mittwoch nach einer Regierungserklärung
Merkels darüber ab, ob der Euro-Rettungsfonds mit einer Schlagkraft
von mehr als einer Billion Euro ausgestattet wird. Eine Mehrheit -
vermutlich auch mit Stimmen der Opposition - gilt als wahrscheinlich,
die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit nicht.

Zunächst werden am Mittwoch in Brüssel die Staats- und
Regierungschefs der 27 EU-Staaten, dann die der 17 Mitglieder der
Eurozone zusammenkommen. Zudem werden wohl parallel auch die
Finanzminister tagen. Die Gipfelrunde will außerdem das
wirtschaftliche Überleben Griechenlands sichern. Europas Banken
sollen auf einen harten Schuldenschnitt des Pleite bedrohten Landes
vorbereitet werden - notfalls mit staatlichem Zwang und Kapital.

Die Deutsche Bank zeigte sich am Dienstag bei Vorlage von
Quartalszahlen bereits dafür gerüstet. Die Staatspapiere
Griechenlands stehen derzeit mit 46 Prozent des Nominalwerts in den
Büchern, die Bank hat ihre Forderungen auf den Marktwert
abgeschrieben. Damit würde die Bank bei einem Schuldenerlass von 54
Prozent keine weiteren Verluste verbuchen.

Auch gegen weitere Risiken aus der Schuldenkrise präsentierte sich
die führende deutsche Bank besser abgesichert: Mit einer harten
Kernkapitalquote von 10,1 Prozent Ende September hätte sie die
Forderung der Europäischen Bankenaufsicht von 9 Prozent klar
übertroffen.

Zwei Optionen für die Stärkung des EFSF liegen auf dem
Tisch: eine Teilabsicherung neuer Anleihen aus Risikoländern und ein
Kreditsondertopf unter Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds
(IWF).

Inzwischen ist klar, wie der Rettungsfonds schlagkräftiger
werden soll: Eine Variante sieht eine Teilabsicherung neuer Anleihen
aus Risikoländern wie Spanien und Italien vor. Das funktioniert
ähnlich wie eine Teilkaskoversicherung: Im Pleite-Fall bekommt der
Geldgeber zumindest einen Teil garantiert zurück. Die zweite Variante
dreht sich um einen Kredit-Sondertopf des Internationalen
Währungsfonds (IWF). Auch eine Kombination beider Varianten sei
möglich, heißt es darin. Derzeit kann der Fonds maximal 440
Milliarden Euro Notkredite verleihen.

Selbstbewusst gaben sich die Spitzen von Union und FDP vor der
Abstimmung im Bundestag. Sie glauben fest an eine klare
schwarz-gelben Mehrheit. Allerdings wurde am Dienstag auch versucht,
Erwartungen an eine erneute Kanzlermehrheit zu dämpfen. Ob die
Opposition zustimmen wird, war offen.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte: «Ich rechne ganz fest
mit einer eigenen Mehrheit der Koalition». Aus Sicht der FDP seien
die Bedingungen erfüllt, dass es bei der Höchstgrenze für die
deutsche Haftung von 211 Milliarden Euro bleibe.

Für CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt war eine
Kanzlermehrheit nicht unbedingt nötig. «Es geht ja nicht um die Wahl
des Kanzlers, wir brauchen eine Mehrheit im Bundestag.»

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter
Altmaier, rief die Opposition zur Zustimmung auf. Das wäre ein
überzeugendes Signal, dass Deutschland zu seinen europäischen
Verpflichtungen stehe.

Die Euro-Skeptiker in der Koalition machten deutlich, erneut nicht
zustimmen zu wollen. «Die Bedenken der Kritiker sind nicht
ausgeräumt, sondern haben sich eher bestätigt», sagte der
CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach der Nachrichtenagentur dpa vor
Beratungen der Fraktionen.

Bei der ersten Abstimmung über die Ausweitung des Rettungsschirms
am 29. September hatten Union und FDP zusammen 315 Ja-Stimmen und
damit klar die Kanzlermehrheit erreicht. Schwarz-Gelb hat im
Bundestag 330 Sitze, die Opposition 290. Insgesamt gehören 620
Abgeordnete dem Parlament an, die Kanzlermehrheit liegt also bei 311
Stimmen. Um diese Mehrheit zu erreichen, dürfen maximal 19
Abgeordnete von CDU/CSU und FDP gegen den Gesetzentwurf stimmen.

Vor dem Euro-Sondergipfel pochte die EU auf schriftliche
Reform-Zusagen Italiens. Premier Berlusconi habe Treffen am
vergangenen Sonntag zugesagt, Informationen über künftige Maßnahmen
für mehr Wachstums zu liefern, wie Sprecherin der EU-Kommission in
Brüssel sagte.

Die politische Krise der drittgrößten Volkswirtschaft in der
Eurozone nach Deutschland und Frankreich vertieft sich: Berlusconi
wies nach einer Krisensitzung seines Kabinetts am Montagabend die
Kritik aus Brüssel an seiner Politik zurück

Allerdings blieb das Krisentreffen ohne greifbare Ergebnisse.
Der Plan, einen Gesetzesentwurf zur Rentenreform zu verabschieden,
scheiterte am Widerstand des Koalitionspartners Lega Nord. Am
Dienstag habe Berlusconi weiter mit Spitzen seiner Partei nach Wege
gesucht, doch etwas in Brüssel präsentieren zu können, berichteten
italienische Medien. Es gab erneut Spekulationen, die Regierung
Berlusconi sei am Ende.

# dpa-Notizblock

## Internet
- [Mitteilung Deutsche Bank zum 3. Quartal]( http://dpaq.de/gYkhc)
- [Quartalsbericht]( http://dpaq.de/xLGGd)
- [Unterschriftensammlung Mitgliederentscheid]( http://dpaq.de/Ljolb)
- [FDP-Satzung, § 21 zu Mitgliederentscheid]( http://dpaq.de/4B4xc)
- [Ergebnisse des Gipfels der 27 EU-Staaten (in Englisch]
( http://dpaq.de/bNU5V)

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