Griechen hoffen nach schwieriger Weihnacht auf 2014 Von Takis Tsafos, dpa

26.12.2013 01:30

Viele Griechen darben schon das sechste Weihnachtsfest in Folge. Die
Arbeitslosigkeit greift um sich. Vielen fehlt das Geld, um Heizöl zu
kaufen. Sie verbrennen Holz und verpesten die Luft. Experten sagen:
Nächstes Jahr wird es besser.

Athen (dpa) - Jeder Vierte ist ohne Job. Viele arbeiten schwarz.
Heizöl kann sich nur noch jeder Zehnte leisten. An provisorischen
Holzöfen versuchen sich viele Menschen abends zu wärmen. Die Folge:
Es stinkt. Ein beißender Geruch breitet sich fast jeden Abend in den
Städten aus. Und der stammt weniger vom Straßenverkehr: Autofahren
ist teuer, weshalb Tausende ihre Nummernschilder abgeben. Das Bild
war auch diese Weihnachten in Griechenland trostlos.

Dennoch wird gefeiert - bescheiden. «Wir müssen kämpfen und das
geht nur, wenn man den Mut hat und die Hoffnung nicht verliert», sagt
die Rentnerin Gianna Ioannidou. Ihr Einkommen von rund 460 Euro im
Monat reichte dieses Jahr für ein kleines Geschenk für ihre
elfjährige Enkelin: «Einen gebrauchten Drucker für 35 Euro für ihre
n
Computer. Dafür hab ich kein Heizöl diesen Dezember gekauft», sagt
sie.

Ihr Nachbar, der 56-Jährige Wasserwerk-Angestellte Dinos
Kyriakides kommt gerade vom Amt: «Uff! Ich bin die Kennzeichen los»,
sagt er und blickt traurig in Richtung seines wohl für längere Zeit
geparkten 1,6-Liter-Mittelklassewagens. «Den hab ich abgemeldet. Ich
hatte ihn vor vier Jahren gekauft als wir noch glaubten, die Krise
werde nicht lange dauern. Jetzt kann ich mir die Verkehrssteuern
nicht mehr leisten», sagte er. Seine Familie fährt nur noch mit der
Bahn.

Familie Kyriakides ist damit nicht allein: Vor dem Jahreswechsel
bilden sich täglich lange Schlangen in den Steuerämtern, weil
Griechen die Nummernschilder ihrer Autos zurückgeben wollen, wie das
griechische Fernsehen zeigte.

Der griechische Karikaturist Ilias Makris versucht, die Menschen
dennoch zum Lachen zu bringen: Er zeigte Heiligabend in seiner
Karikatur in der konservativen Athener Zeitung «Kathimerini» eine
lange Warteschlange vor dem zuständigen Büro des Steueramtes, wo man
seinen Wagen abmelden und die Nummernschilder abgeben kann. Ganz
hinten steht auch der Weihnachtsmann. Er will die Rentiere seines
Schlittens dalassen.

Unterdessen breitet sich eine graubraune Wolke über Athen aus. Das
Phänomen habe «bedrohliche Dimensionen angenommen», besonders für
Kinder und chronisch Kranke, teilte die Ärztekammer mit.

«Es stinkt hier. Ekelhaft», schimpft die krebskranke Maria
Papagiannidou. «Ich konnte die ganze Nacht nicht richtig atmen. Habt
ihr schon wieder im Kamin alte Möbel verbrannt?», fragt sie und zeigt
auf ihre kranke Lunge. Das Verbrennen von Holz hat alarmierende
Folgen. In fast allen Städten des Landes hoffen die Menschen, dass
Wind aufkommt. Andernfalls ist es nicht auszuhalten. Die
Staubpartikel übertrafen in den drei Tagen vor Weihnachten bei weitem
die Alarmgrenze von 50 Mikrogramm Staubpartikeln pro Kubikmeter.

Mit Maßnahmen aus dem Stegreif versucht die Regierung unter dem
konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras die «Wolke», wie
die Luftverpestung im Volksmund heißt, einzuschränken. Über Radio und

Fernsehen werden die Bürger aufgerufen, kein Holz zu verbrennen. «Ach
wie schön. Kann Herr Samaras uns sagen, wie wir unsere Kinderzimmer
heizen sollen?», fragten Menschen aus dem Armenviertel von Keratsini
in Piräus daraufhin im Fernsehen.

Viele sind wütend: Die Geldgeber-Troika aus EU, Internationalem
Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) will eine
Senkung der Heizölpreise verhindern. Dann würden viele
Steuereinnahmen verloren gehen, heißt es. Das halten die Griechen für
eine nahezu sadistische Haltung der Geldgeber-Experten.

Denn die giftige Luft atmen alle, egal ob sie arm oder reich sind.
«Das Geld, das wir angeblich wegen der Heizölsteuern sparen, werden
wir bald im Bereich Gesundheit ausgeben. Soweit geht die
Kurzsichtigkeit der Troika», hieß es in einem Kommentar des
griechischen Fernsehsenders Mega am Heiligabend.

Auch sonst sind die Feiertage traurig: Gerade zu Weihnachten wird
das Geld für viele griechische Familien knapp. Immer weniger
Unternehmen zahlen nach Angaben der Gewerkschaften Weihnachtsgeld.
Mehr als 6000 Betriebe sollen kein Weihnachtsgeld gezahlt und
trotzdem ihre Arbeitnehmer aufgefordert haben, per Unterschrift den
Erhalt von Bargeld zu quittieren. Etwa 35 Prozent der Menschen
arbeiten schwarz.

Einen Silberstreif gibt es dennoch: Im neuen Jahr soll die
Wirtschaft erstmals wieder marginal um 0,6 Prozent wachsen. Dann soll
auch die Arbeitslosigkeit um etwa ein Prozent zurückgehen. Dies
versprechen die Regierung und die Troika. «Das ist eine gute
Nachricht. Wenn wir nächstes Jahr noch da sind», kommentiert ein
24-jähriger Chemieingenieur. Er hat sich nämlich schon in den
Niederlanden beworben und will wie ein Freund im Frühling 2014
auswandern.