Endspurt für griechisches Spar- und Reformprogramm Von Takis Tsafos, dpa
29.03.2014 09:00
Die griechische Regierung muss ein weiteres Reform- und Sparpaket im
Parlament durchsetzen, um Hilfen der internationalen Geldgeber zu
erhalten. Weitere Sparmaßnahmen soll es nicht geben, verspricht
Regierungschef Samaras den Griechen.
Athen (dpa) - Griechenland setzt zum Endspurt bei den Reform- und
Sparbeschlüssen an. Das Parlament in Athen soll am späten
Sonntagabend nach einer zweitägigen Debatte eine Reihe
entsprechender Gesetzen billigen. Die Zustimmung ist für die
endgültige Freigabe der nächsten Tranche des Hilfsprogramms
notwendig, mit der das Euro-Krisenland vor der Pleite bewahrt wird.
«Es ist eine sehr wichtige Abstimmung», sagte ein Mitarbeiter des
Finanzministeriums der Nachrichtenagentur dpa. Billigt das Parlament
die Gesetze nicht, könnte das ganze griechische Rettungsprogramm in
letzter Minute scheitern, hieß es. Regierungschef Antonis Samaras
warb im Fernsehen für das Paket: Wenn diese Gesetze unter Dach und
Fach seien, dann werde es keine neuen Sparmaßnahmen geben.
Für die Koalitionsregierung unter dem bürgerlichen Regierungschef
und seinem sozialistischen Vize Evangelos Venizelos ist dies eine
neue Kraftprobe mit der Opposition. Die Koalition hat eine knappe
Mehrheit von 153 Abgeordneten im 300-Sitze-Parlament. Am Dienstag
kommender Woche tagt in Athen die Eurogruppe. Die Freigabe der
Hilfstranche und anerkennende Worte für die griechischen
Reformbemühungen würde Samaras bei den bevorstehenden Europawahlen
Ende Mai den Rücken stärken, hieß es in Kreisen in Athen.
Bei den zu billigenden Reformen geht es beispielsweise um
Deregulierung sowie um Regelungen für den Arbeitsmarkt, die
Entlassungen erleichtern sollen. Besonders die Apotheker sind
aufgebracht, denn die Liberalisierung ihres Berufsstandes wird der
Konkurrenz Tür und Tor öffnen. Künftig sollen Medikamente auch in
Supermärkten verkauft und erstmals auch Apothekenketten eröffnet
werden können. Bislang wurden Lizenzen vergeben: Nur jeweils ein
Apotheker durfte eine Apotheke betreiben. Zudem war die Zahl der
Lizenzen begrenzt. Aus Protest streiken die griechischen Apotheker
seit Donnerstag, vor den wenigen geöffneten Notapotheken spielten
sich chaotische Szenen ab.
Sogar auf die Milchpreise zielen die neuen Regelungen. Milch soll
billiger werden, indem die Supermärkte ihre haltbare Milch bei
entsprechender Verarbeitung und richtiger Verpackung nicht wie
bislang binnen fünf Tagen aus den Regalen entfernen müssen. Zudem
soll Brot künftig außer in Bäckereien und Supermärkten auch in
anderen Lebensmittelläden verkauft werden können.
In Tourismusregionen sollen die Öffnungszeiten von Geschäften
nicht mehr begrenzt sein. Autovermietungen sollen künftig auch Autos
mit Fahrer anbieten dürfen. Dagegen sperren sich die Taxifahrer, die
Einbußen fürchten.
Die Opposition wirft der Regierung vor, mit diesem
«unübersichtlichen Gesetzesbündel» eine zu weitgehende Deregulierun
g
durchzupeitschen. Regierungschef Samaras stritt im Fernsehen für die
Reformgesetze. Wenn dieses Paket unter Dach und Fach sei, dann werde
es keine neuen Sparmaßnahmen geben und Athen könne sich endlich
wieder an die Kapitalmärkte wagen, um frisches Geld zu bekommen,
sagte er. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des
Finanzministeriums erfuhr, soll der Markt zunächst mit der Aufnahme
eines Kredites von bis zu zwei Milliarden Euro und einer Laufzeit von
fünf Jahren getestet werden. Dies solle voraussichtlich aber erst
nach den Europawahlen Ende Mai geschehen. Analysten schlossen jedoch
einen Versuch mit einem noch höheren Betrag bereits für Anfang Mai
nicht aus.
Griechenland ist aber trotz aller Bemühungen noch nicht aus dem
Schneider. Denn die hohe Schuldenlast wiegt schwer. Athen setzt auf
eine Streckung der Zahlungsfristen und eine weitere Senkung der
Zinsen. Gelingen diese Pläne, dann hofft die Regierung, dass der
Aufschwung in Griechenland beginnt.