Die Sparkassen und ihr Rot - Warum Farben für Firmen so wichtig sind Von Marion Trimborn, dpa
19.06.2014 17:07
Rotes Sparbuch und rotes Logo: Die Sparkassen setzen seit Jahrzehnten
auf ihre Hausfarbe. Die haben sie als Marke geschützt. Doch auch die
Konkurrenz will rot sein. Denn für Unternehmen sind Farben wichtig,
um Produkte besser verkaufen zu können.
Luxemburg (dpa) - Wer einen Geldautomaten sucht und ein rotes S mit
Punkt obendrauf sieht, weiß gleich, dass er vor einer Sparkasse
steht. Doch auch die knallrote Farbe alleine signalisiert im
Finanzbereich die Sparkassen. Mehr als zwei Drittel der Deutschen
erkennen das «Verkehrsrot» als Symbol der Sparkassen-Gruppe. Das hat
der Deutsche Sparkassen- und Giroverband DSGV in Umfragen belegt. Die
Farbe ist für die Kreditinstitute ein wichtiger Teil ihres
Markenauftritts. 2007 haben sie sich ihr Rot beim Patent- und
Markenamt schützen lassen - doch die spanische Bank Santander als
Konkurrent macht ihnen seit Jahren den Farbton streitig. Nach einem
Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs geht der Streit in die
nächste Runde, das Bundespatentgericht muss nun entscheiden.
Für den Verbraucher mag es merkwürdig anmuten, dass auch eine
abstrakte Farbe die Funktion einer Marke haben kann. Voraussetzung
dafür ist, dass allein die Farbe die Produkte eines Unternehmens von
denen der Konkurrenz unterscheidet. Traditionell haben die Sparkassen
ein rotes Sparbuch - und seit 1972 ist Rot einheitliche
Geschäftsfarbe. «Die Farbe Rot ist ein sehr wichtiges Kennzeichen für
unsere Marke, weil sie einen hohen Wiedererkennungseffekt hat und für
Vertrauen steht», sagt DSGV-Justiziar René Fiedler.
Zahlreiche Unternehmen setzen heutzutage auf Farben und haben sich
diese schützen lassen. Als bestes Beispiel gilt die Deutsche Post,
die viele als «gelbe Post» kennen. Bekannt ist auch das Lila des
Schokoladenherstellers Milka oder die Farbe Magenta von der Telekom.
In der Welt des Autozulieferers und Reifenherstellers Continental
dagegen leuchtet vieles in der Konzernfarbe Conti-Gelb. Das
Dax-Unternehmen aus Hannover hat sich die Farbe markenrechtlich aber
nicht schützen lassen, sagt eine Sprecherin. Allerdings ist das
gesamte Conti-Logo, der schwarze Continental-Schriftzug mit Pferd vor
gelbem Untergrund, in vielen Ländern eingetragen.
In der deutschen Finanzbranche ist die Farbpalette genau aufgeteilt:
Blau für den Branchenprimus Deutsche Bank, Gelb für die Commerzbank,
früher das «grüne Band der Sympathie» für die Dresdner Bank. «B
ei den
deutschen Banken dient die Farbe der Identifizierung», sagt der
Kölner Bankenprofessor Thomas Hartmann-Wendels. «Die Marke
"Sparkasse" hat seit der Finanzkrise einen besonderen Wert, weil die
Sparkassen als sicherer Hafen gelten und für Solidität stehen.» Die
Farbe sei für Banken um so wichtiger, da sie sich beim Produkt nicht
so stark unterscheiden könnten wie etwa Autohersteller mit
verschiedenen Modellen: «Ein Sparbuch bleibt immer dasselbe.»
Aber passt Rot überhaupt zu den Sparkassen? Nein, findet der
Farbexperte und emeritierte Professor Axel Venn, der zuletzt an der
Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim
lehrte. In der Psychologie der Farben habe Rot emotional die stärkste
Signalwirkung. «Rot ist für die Bürgerlichkeit und Sicherheit, die
Sparkassen ausstrahlen wollen, nicht geeignet. Rot ist kämpferisch,
anregend und aufregend. Die Farbe steht für Liebe, aber auch Gefahr.»
Venn empfiehlt den Sparkassen, auf die Farbe «Ozean-Blau-Grün»
umzusteigen: «Diese sanftere Farbe würde die Verantwortung für die
Ressourcen der Welt demonstrieren.»
Von einem Farbwechsel halten aber weder der Sparkassen-Verband noch
andere Markenexperten etwas. Eine vertraute Farbe dürfe nicht in
Frage gestellt werden, sagt der Hamburger Markenexperte Klaus
Brandmeyer. «Vertrauen ist gebunden an eine vertraute Gestalt des
Unternehmens - so wie beim Menschen die Kleidung oder Frisur.» Das
gelte gerade im Finanzbereich, wo es ums Geld gehe.
Die Gefahr, dass die Verbraucher den Konkurrenten Santander, der ein
ähnliches Rot benutzt, mit den Sparkassen verwechseln könnten, hält
Bankenprofessor Hartmann-Wendels für gering. Denn die spanische Banco
Santander habe in Deutschland nur ein unbedeutendes Filialnetz, das
mit dem der Sparkassen nicht vergleichbar sei. Santander hatte
beantragt, dass die Farbmarke Rot der Sparkassen gelöscht wird. Ob
die deutschen Sparkassen sich gegen diesen Angriff vor Gericht
erfolgreich wehren können, bleibt auch nach dem EU-Urteil unklar.