Europäisches Kulturerbejahr 2018 soll «Seele Europas erspüren» Von Carola Große-Wilde, dpa
08.01.2018 17:37
Europa ist mehr als nur ein gemeinsamer Markt. Deshalb hat die
Europäische Kommission 2018 zum «Kulturerbejahr» ernannt. Initiativen
und Projekte sollen zeigen, was Europa zusammenhält.
Hamburg (dpa) - Was macht Europa aus? - Auf diese Frage will das
Europäische Kulturerbejahr 2018 eine Antwort geben. «Das Kulturerbe
ist das Kernstück der europäischen Art zu leben. Es definiert, wer
wir sind, und schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit», sagte Tibor
Navracsics, EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport bei
der Eröffnung im Dezember in Mailand. Zum Kulturerbe gehörten nicht
nur Literatur, Kunst und Gegenstände. «Wir begegnen ihm auch in dem
Handwerk, das wir erlernen, den Geschichten, die wir erzählen, dem
Essen, das wir genießen und den Filmen, die wir uns ansehen», meinte
Navracsics damals.
Das Programm in Deutschland koordiniert das Deutsche Nationalkomitee
für Denkmalschutz im Auftrag von Bund, Ländern und Kommunen. Einen
Überblick über die bislang 130 Projekte und Veranstaltungen bietet
die Internetplattform www.sharingheritage.de: Es reicht von dem
Projekt «The Wall Net», das den Resten der Berliner Mauer in der
ganzen Welt nachspürt, über ein multimediales Projekt in Frankfurt,
das die Erinnerung an das Vernichtungslager Auschwitz wachhalten
will, bis zu dem Fotografieprojekt «Scherben von Prora» auf der Insel
Rügen, das an die wechselvolle Geschichte des von den
Nationalsozialisten begonnenen Gebäudekomplexes erinnert.
Mit der Ausstellung «Ich habe mich nicht verabschiedet - Frauen im
Exil» werden auch aktuelle Flüchtlingserfahrungen thematisiert. Die
Fotografin Heike Steinweg porträtierte in Berlin im Exil lebende
Frauen - von der Schriftstellerin bis zur politischen Aktivistin.
«Eine gemeinsame Willkommenskultur, die sich auf die europäischen
Grundwerte stützt, bildet dabei als immaterielles Kulturgut eine
Basis für ihre Integration», heißt es auf der Homepage. Auf die
gemeinsame europäische Geschichte machen Ausstellungen im
Bergbaumuseum Bochum «Das Zeitalter der Kohle» oder in Münster und
Osnabrück zum Dreißigjährigen Krieg deutlich.
Das Europäische Kulturerbejahr sei eine Chance, über gemeinsame
Wurzeln und Werte «der Seele Europas nachzuspüren», sagte
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) bei der Eröffnung des
Europäischen Kulturerbejahr am Montag in Hamburg. «Deshalb wollen wir
vor allem junge Menschen in Europa dazu bewegen, unsere Geschichte zu
ergründen und zu erfahren, was wir Europäer inzwischen geschafft
haben: das Gemeinsame über das Trennende zu stellen sowie
unterschiedlichen Kulturen, Religionen, Traditionen und Träumen,
Lebensentwürfen und Weltanschauungen eine Heimat zu bieten.» Aus dem
Etat der Kulturstaatsministerin werden bundesweit 38 Projekte und
Initiativen mit insgesamt 7,2 Millionen Euro unterstützt.
Laut einer neuen Eurobarometer-Umfrage sind 8 von 10 Europäern davon
überzeugt, dass das Kulturerbe nicht nur für sie persönlich, sondern
auch für ihre Gemeinschaft, ihre Region, ihr Land und die Europäische
Union als Ganzes von Bedeutung ist. Eine große Mehrheit ist stolz auf
das Kulturerbe, egal aus welchem Land es kommt. Mehr als 7 von 10 der
befragten Bürger glauben außerdem, dass das Kulturerbe ihre
Lebensqualität verbessern kann. Die Umfrage zeigt ferner, dass nach
Ansicht von 9 von 10 Befragten das Kulturerbe in Schulen vermittelt
werden sollte. Drei Viertel fordern, dass vor allem die
Mitgliedstaaten und die EU mehr Ressourcen für den Schutz des
Kulturerbes Europas bereitstellen sollten.