EU-Kommission: Rubel-Umtausch bei Gas-Zahlungen ist Sache Russlands
28.04.2022 18:28
Der Streit um die Zahlung russischer Gas-Lieferungen ist diese Woche
eskaliert. Nun stellt die EU-Kommission klar, wie Unternehmen weiter
für Gas zahlen können, ohne die Sanktionen zu verletzten. An Rubel
kommt Russland trotzdem.
Brüssel (dpa) - Die Europäische Kommission hat Regelungen zu der von
Russland geforderten Rubel-Zahlung für Gas-Lieferungen klargestellt.
Unternehmen, die wie von Moskau gefordert in Russland ein Bankkonto
eröffneten und Lieferungen weiterhin in Euro zahlten, verletzten
nicht die EU-Sanktionen gegen Russland, teilten Beamte der
EU-Kommission am Donnerstag mit. «Was die Russen danach mit dem Geld
machen, ist ihnen überlassen», sagte ein Beamter.
Allerdings sieht die EU-Kommission es nicht als akzeptabel an, dass
der Kauf von Seiten Russlands erst als vollständig angesehen werde,
wenn das Geld in Rubel umgerechnet wurde. «Eine Verletzung der
Sanktionen wäre es, wenn ein Unternehmen es akzeptiert, ein zweites
Konto zu eröffnen, um den Forderungen nachzukommen», sagte ein
EU-Beamter. Während des Geldumtauschs in Rubel auf das zweite Konto
sei das Geld in der Hand der russischen Zentralbank, die von der EU
sanktioniert wird.
Die Regelung sieht also vor, dass die EU-Unternehmen formell nicht
für den Rubel-Tausch in die Pflicht genommen werden können - hindert
Russland allerdings im Nachgang nicht daran, das Geld trotzdem
umzutauschen. Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas,
der Energiekonzern Uniper, prüft nach Angaben eines Sprechers die
Möglichkeit einer Bezahlung von russischem Erdgas in Euro auf ein
Konto in Russland. Uniper glaube, dass es eine Lösung geben könne für
die Frage, wie die Gelder dann in Rubel umgewandelt werden könnten:
«Da gibt es aber noch keine endgültige Lösung.»
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in Tokio, Deutschland müsse auf
einen russischen Gas-Lieferstopp vorbereitet sein. «Ob und welche
Entscheidung die russische Regierung in dieser Hinsicht treffen wird,
kann man nur spekulieren, macht aber wenig Sinn», sagte der Kanzler.
«Man muss sich darauf vorbereiten.» Wirtschaftsminister Robert Habeck
(Grüne) hatte am Mittwoch gesagt, deutsche Energieunternehmen zahlten
in Euro, die Gazprombank konvertiere das Geld dann in Rubel. Es sei
offen, wie Russland sein Dekret über Gaszahlungen interpretiere.
Ende März hatte Kremlchef Wladimir Putin gefordert, dass mit Wirkung
zum 1. April westliche Staaten Konten bei der Gazprombank in Russland
eröffnen müssen, um russisches Gas zu bezahlen. Andernfalls würden
die Lieferungen für die «unfreundlichen» Länder eingestellt. Nach
einem von Putin unterzeichneten Dekret können die Zahlungen weiter in
Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die
Gazprombank konvertiert das Geld in Rubel und überweist den Betrag in
der russischen Währung an Gazprom. Bei einem Ausbleiben der Zahlungen
würden die Lieferungen eingestellt, hatte Putin gedroht.
Russland hatte am Mittwoch Gas-Lieferungen nach Polen und Bulgarien
gestoppt, nachdem die beiden Länder sich nicht auf das neue
Zahlungssystem eingelassen hatten. Grund ist laut Gazprom, dass die
Unternehmen PGNiG und Bulgargaz nicht rechtzeitig in Rubel gezahlt
hätten. Sofia und Warschau betonten dagegen, ihre Verpflichtungen
erfüllt zu haben.
Nach Informationen der EU-Kommission hatten beide Länder ihre
fälligen Rechnungen wie vor dem Krieg abwickeln wollen. Den Beamten
zufolge wurden die meisten Käufe bislang über Konten bei der
Gazprombank in Luxemburg abgewickelt. Demnach sind etwa 97 Prozent
der Gas-Verträge in der EU in Dollar oder Euro denominiert. Nach
Angaben von Gazprom am Donnerstag bezieht Polen weiterhin russisches
Gas über Deutschland.
Aus der EU-Kommission hieß es weiter, man habe keine Informationen,
dass europäische Unternehmen bereits ein zweites russisches Konto in
Rubel eröffnet hätten und somit die Sanktionen verletzten. Man sei
mit den Unternehmen und EU-Ländern im Austausch. Grundsätzlich sei es
Sache der Mitgliedstaaten, darauf zu achten, dass die Sanktionen
eingehalten werden, sagte ein Kommissionssprecher.
Für Uniper steht nach Aussage des Sprechers fest, dass weiterhin in
Euro gezahlt werde. Man werde nicht gegen Sanktionsregeln verstoßen.
Über den Zahlungsweg sei man im Gespräch mit Gazprom. Es gebe auch
eine Abstimmung mit der Bundesregierung sowie mit anderen Unternehmen
in Deutschland und Europa. In den kommenden 10 bis 14 Tagen werde
sich die Frage nach dem Zahlungsweg lösen lassen müssen. Die nächsten
Zahlungen an Gazprom durch Uniper stünden für Ende Mai an.
Der Uniper-Vorstandsvorsitzende Klaus-Dieter Maubach hatte zuvor
gesagt, dass sich das Unternehmen grundsätzlich darauf vorbereitet,
über die «Zwei-Konten-Lösung» zu bezahlen. «Das heißt, wir zahl
en
weiterhin in Euro und es findet, orchestriert über die Gazprom-Bank,
eine unmittelbare Konvertierung in Rubel statt. Dass die Russen dann
sagen, wir hätten in Rubel bezahlt, damit müssten wir dann leben. Das
Verfahren ist intensiv mit der Bundesregierung besprochen», sagte er
der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Donnerstag).
Ifo-Präsident Clemens Fuest geht davon aus, dass Russland weiter
Energie liefern wird. «Aus ökonomischer Sicht würde ich sagen:
Russland hat ein dringendes Interesse, uns weiter Gas zu verkaufen»,
sagte er dem Nachrichtenportal t-online. «Es geht schließlich um sehr
viel Geld - und die Einnahmen dürften sogar wachsen.» Durch den
Lieferstopp für Polen und Bulgarien dürften die weltweiten Gaspreise
zumindest vorübergehend noch einmal steigen.