Italiens Wahlfavoritin Meloni warnt EU: «Der Spaß ist vorbei!»
12.09.2022 11:23
Mailand (dpa) - Zwei Wochen vor den Parlamentswahlen in Italien hat
Giorgia Meloni als mögliche künftige Ministerpräsidentin die
Europäische Union mit nationalistischen Aussagen provoziert. Bei
einem Auftritt auf dem Domplatz von Mailand sagte die Parteichefin
der rechtsextremen Fratelli d'Italia am Sonntagabend: «Es heißt, in
Europa sei man ein bisschen besorgt wegen der Meloni. Was wohl mit
der geschehen werde? Was passieren wird: Der Spaß ist vorbei! Auch
Italien wird anfangen, seine nationalen Interessen zu verteidigen. So
wie es die anderen machen auf der Suche nach gemeinsamen Lösungen.»
Die Politikerin, deren postfaschistische Partei wie der gesamte
Mitte-Rechts-Block in allen Umfragen deutlich vorn liegt, ergänzte,
dass das Interesse des eigenen Landes Vorrang haben müsse. Sie
erinnerte dabei an Deutschland und die Niederlande, bei denen die
Prioritäten auch nicht anders lägen. Deswegen stellten sich beide
Länder gegen einen europäischen Gaspreisdeckel, behauptete Meloni.
Als bisherige Oppositionspartei wollen die Fratelli auch die
europaskeptischen und -feindlichen Wähler erreichen. Meloni beteuerte
im Wahlkampf zwar mehrfach, dass Italien auch unter ihr als
Regierungschefin ein verlässlicher Partner in der EU bleiben wolle.
Allerdings will sie einige Abkommen und Verträge nachverhandeln. Dass
Italien aus dem Corona-Wiederaufbauprogramm der EU 192 Milliarden
Euro und damit so viel wie kein anderer Staat der Union erhält, also
ein großer Profiteur der Brüsseler Maßnahme ist, erwähnte sie nicht
.
Nach dem Sturz der Regierung von Mario Draghi wählen die Italiener am
25. September vorzeitig ein neues Parlament. In den letzten Umfragen
lag der Mitte-Rechts-Block, zu dem neben Melonis Fratelli als
deutlich größte Partei auch noch die rechte Lega von Matteo Salvini
und die konservative Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi
gehören, klar vor der Mitte-Links-Fraktion. Bis zur Wahl dürfen keine
neuen Erhebungen mehr veröffentlicht werden. Durch eine Besonderheit
des italienischen Wahlrechts haben Meloni und ihre Partner sogar die
Chance auf eine Zweidrittelmehrheit im Parlament - damit könnten sie
die Verfassung ändern, ohne ein Referendum abzuhalten zu müssen.