Agrarexperte: EU prüft erneute Aussetzung von Acker-Stilllegung

15.09.2023 12:04

Nach dem Überfall auf die Ukraine sind viele Preise gestiegen und die
Agrarmärkte angespannt. Ein führender EU-Politiker kündigt an, dass
es 2024 wieder mehr Fläche für die Nahrungsmittelproduktion geben
soll.

Mühlengeez (dpa) - Landwirte in der EU können wegen angespannter
internationaler Agrarmärkte infolge des Ukraine-Kriegs darauf hoffen,
auch 2024 mehr Flächen für Getreideanbau nutzen zu können. Die
geplante Flächenstilllegungen von vier Prozent sollen in der EU
nochmals ausgesetzt werden, sagte der Vorsitzende des
Agrarausschusses im EU-Parlament, Norbert Lins (CDU), am Freitag vor
rund 400 Bauern in Mühlengeez (Landkreis Rostock). Damit könnten mehr
Lebensmittel produziert und der weltweit zunehmende Hunger wirksam
bekämpft werden. Lins war beim Bauerntag des Landesbauernverbands MV
auf der Agrarmesse MeLa zu Gast.

Damit könnten in Deutschland zusätzlich rund 500 000 Hektar Acker
unter anderem mit Getreide und anderen Pflanzen bestellt werden,
erklärte Lins. Nach wissenschaftlichen Berechnungen könnten so bis zu
3,4 Millionen Tonnen Weizen mehr produziert werden. Die EU und
Deutschlands Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hatten die
EU-Neuregelungen zur Flächenstilllegung und zum Fruchtwechsel bereits
2023 ausgesetzt allerdings erst nach heftigen Forderungen seitens der
Landwirte und der Ernährungsbranche. Hintergrund waren unter anderem
auch die enormen Kostenerhöhungen für Energie und Rohstoffe nach dem
Ukraine-Krieg.

Die Staatssekretärin im Bundesagrarministerium Claudia Müller (Grüne)

räumte ein, dass die Bauern derzeit kein Geld mit Umweltpflege
verdienten - anders als von der EU versprochen. Es bedürfe einer
weiteren Korrektur der Gemeinsamen Agrarpolitik-Regelungen (GAP) in
Europa.

Der von der Bundesregierung favorisierte Weg der Extensivierung sei
der falsche Ansatz, um die Landwirtschaft umweltgerechter zu
gestalten, sagte Agrar-Experte Lins. Das habe sich inzwischen
herausgestellt. Hier müsse viel mehr die Innovation in den Fokus
rücken. Dies sei in anderen Ländern bereits der Fall.

Der Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommerns, Detlef
Kurreck, forderte eine generelle Änderung des sogenannten Green
Deals. Dieser sei in der EU zu einer Zeit beschlossen worden, als es
völlig andere Rahmenbedingungen gab. Der Pakt, der den
Treibhausgasausstoß senken soll, sei unter anderen Bedingungen
zustande gekommen als heute.