Debatte über Migrationsobergrenze - Rom beschließt härtere Maßnahme n

18.09.2023 18:15

Tausende Bootsmigranten auf Lampedusa, steigende Zahlen in
Deutschland - das Thema Migration bestimmt die politische Debatte.
CSU-Chef Söder fordert eine Obergrenze. Italien ermöglicht eineinhalb
Jahre Abschiebehaft.

Berlin/Rom (dpa) - Die Politik gerät wegen der gestiegenen
Asylbewerberzahlen und den Belastungen in den Kommunen zunehmend
unter Handlungsdruck - hinzu kommen die Bilder von der Ankunft
Tausender Bootsmigranten auf der Mittelmeerinsel Lampedusa.
Diskutiert wurde in Berlin am Montag vor allem über die Forderung von
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Obergrenze

für Asylbewerber. Italien beschloss mit sofortiger Wirkung ein Bündel
härterer Maßnahmen zur Eindämmung irregulärer Migration übers
Mittelmeer - auch eine Verschärfung der Abschiebehaft.

Die rechte Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni entschied
per Erlass, die Höchstdauer der Abschiebehaft von 12 auf 18 Monate
anzuheben. Nach EU-Recht ist das das zulässige Maximum. Meloni will
sicherstellen, dass irregulär Eingereiste so lange festgehalten
werden können, wie es für die Prüfung ihrer Anträge erforderlich is
t.
Zudem wurde das Militär beauftragt, spezielle Abschiebehaftanstalten
einzurichten - in abgelegenen und spärlich bewohnten Gegenden.

Wegen der hohen Migrationszahlen steht Meloni als Vorsitzende der
rechtsnationalen Partei Fratelli d'Italia innenpolitisch massiv unter
Druck. Ein hartes Vorgehen gegen Migranten hatte im Wahlkampf zu den
wichtigsten Versprechen der ultrarechten Politikerin gehört.

In den vergangenen Tagen landeten auf Lampedusa wieder mehrere
Tausend Migranten mit Booten aus Nordafrika. Allein am vergangenen
Dienstag kamen auf der kleinen Insel zwischen Sizilien und Nordafrika
mehr als 5000 an - so viele wie noch nie an einem Tag. Tausende
wurden dann auf Fähren und Polizeischiffen nach Sizilien oder aufs
italienische Festland gebracht. Im Lager der Insel halten sich nach
Angaben der Nachrichtenagentur Ansa noch etwa 1300 Menschen auf. Die
Lage hat sich etwas normalisiert.

Am Montag spielten sich jedoch in einem Aufnahmelager auf Sizilien
Medienberichten zufolge chaotische Szenen ab. In Porto Empedocle
seien etwa 100 Migranten über die Zäune geklettert und hätten
Absperrungen durchbrochen, meldete die Nachrichtenagentur Ansa.

Immer wieder setzen Migranten von Italien aus ihren Weg auch nach
Deutschland fort. In München wiederholte CSU-Chef Söder daher die
Forderung nach einer Obergrenze von rund 200 000 Asylbewerbern pro
Jahr in der Bundesrepublik. «Es braucht eine Integrationsgrenze als
Richtwert für unser Land», sagte er nach einer CSU-Vorstandsitzung.

Neu ist das Thema nicht: Schon Söders Vorgänger Horst Seehofer (CSU)

hatte in Folge der Flüchtlingsbewegung nach 2015 eine solche Grenze
vorgeschlagen. Er war damit auf Widerstand bei Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) gestoßen. Nach langem Streit einigten sich beide 2017
auf einen Richtwert von 200 000 pro Jahr. In diesem Jahr waren es
aber bereits bis einschließlich August 204 461.

Kritik kam aus anderen Parteien: Rund drei Wochen vor der Wahl in
Bayern habe Söder «wieder zur großen Keule ausgeholt» und mache
Politik auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten, sagte SPD-Chef
Lars Klingbeil in Berlin. Grünen-Chefin Ricarda Lang kritisierte,
weder Söder noch andere hätten bislang Vorschläge gemacht, wie das
umgesetzt werden könne. Die Chefin der Linkspartei, Janine Wissler,
sprach von einem «populistischen Wahlkampfquatsch»: Jeder wisse, dass
Menschen nicht davon abzuhalten seien, vor Bomben und Hunger zu
fliehen.

Diskutiert wurde auch über andere Maßnahmen. Die FDP schlug eine
bundesweite Bezahlkarte vor, mit der Asylbewerber ihren täglichen
Bedarf im Einzelhandel decken können. Anders als bei der Auszahlung
von Geld wären dann keine Rücküberweisungen in Herkunftsländer
möglich, hieß es in einem Beschluss des Parteipräsidiums vom Montag.

«Damit würde ein wesentlicher Anreiz zur Einreise in die
Sozialsysteme entfallen», argumentiert die FDP.

«Die Zahlen müssen herunter», sagte CDU-Generalsekretär Carsten
Linnemann nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Dafür
sollten nach dem Vorbild der deutsch-österreichischen Grenze auch an
den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz Grenzkontrollen
eingeführt werden.

Außerdem sollten die Maghreb-Staaten - also Algerien, Tunesien und
Marokko - als sichere Herkunftsstaaten im Asylrecht eingestuft
werden, um die Asylverfahren von Staatsbürgern dieser
nordafrikanischen Staaten zu beschleunigen. Dafür setzt sich auch die
FDP in der Ampel-Koalition ein.