Mehr Moore und Wälder: Einigung auf EU-Gesetz zur Rettung der Natur

10.11.2023 01:14

Ein langes Ringen hat ein vorläufiges Ende gefunden. Es gibt eine
vorläufige Einigung auf ein EU-Naturschutzgesetz, zu dem zuvor ein
heftiger Streit entbrannt war.

Brüssel (dpa) - Damit sich die Natur in der EU erholt, sollen künftig
mehr Wälder aufgeforstet, Moore wiedervernässt und Flüsse in ihren
natürlichen Zustand versetzt werden. Unterhändler des
Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich in der Nacht zu
Freitag auf ein heiß diskutiertes Naturschutzvorhaben. Hintergrund
des Gesetzes ist, dass nach EU-Angaben rund 80 Prozent der
Lebensräume in der Europäischen Union in einem schlechten Zustand
sind. Zudem seien 10 Prozent der Bienen- und Schmetterlingsarten vom
Aussterben bedroht und 70 Prozent der Böden in einem ungesunden
Zustand.

Die EU-Staaten teilten mit, dass in den vergangenen Jahrzehnten die
Zahl der wildlebenden Insektenbestäuber in Europa dramatisch
zurückgegangen sei. Um dem entgegenzuwirken, sehe die Verordnung vor,
dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen müssten, um den Rückgang

bis spätestens 2030 umzukehren.

Dem Gesetz war ein heftiger Streit vorausgegangen, unter anderem weil
strenge Auflagen für Landwirte befürchtet wurden. Vor allem die
Christdemokraten waren gegen das Vorhaben Sturm gelaufen und
versuchten, es komplett auf Eis zu legen. Ein Antrag, das Gesetz
zurückzuweisen, bekam im Sommer im Parlament jedoch keine Mehrheit.

Mit dem nun ausgehandelten Kompromiss werden Landwirte künftig nicht
verpflichtet sein, einen bestimmten Prozentsatz ihres Landes für
umweltfreundliche Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, was Bauern
befürchtet hatten. Der gefundene Kompromiss muss noch formell von
den EU-Staaten und den dem Europaparlament abgesegnet werden.
Normalerweise ist das Formsache. In diesem Fall ist jedoch nicht ganz
sicher, dass genug Christdemokraten von der EVP dem Kompromiss
zustimmen, um eine ausreichende Mehrheit im Parlament zu bekommen.

«Die EVP-Fraktion wird die heutigen Ergebnisse vor den anstehenden
Entscheidungen im Umweltausschuss und im Plenum ernsthaft prüfen und
sorgsam abwägen», sagte die CDU-Verhandlerin Christine Schneider.
Naturschutz und Klimaziele gingen Hand in Hand mit Land- und
Forstwirtschaft. Gelder der EU-Agrarpolitik sollten nicht für
Maßnahmen unter dem Gesetz verwendet werden. Sie freue sich, dass
sich die anderen Fraktionen bei vielen zentralen Anliegen in Richtung
der Christdemokraten bewegt hätten.

Die für die Grünen an den Verhandlungen beteiligte Abgeordnete Jutt
a
Paulus sprach von einigen schmerzhaften Kompromissen. Wichtig sei
aber das Signal, dass die EU internationale Verpflichtungen ernst
nehme. Die Christdemokraten hatten in den Verhandlungen deutliche
Lockerungen durchgesetzt. 

Die EU-Kommission begrüßte das Verhandlungsergebnis. Die EU-Staaten
sollen bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen
Maßnahmen durchführen, um einen guten Zustand wiederherzustellen. Die

Umweltorganisation WWF sprach in einer Mitteilung von Schlupflöchern
im Gesetz. Enttäuschend seien vielen Ausnahmen und Flexibilität bei
den Verpflichtungen der EU-Staaten.