Minister kritisieren erneute EU-Zulassung für Glyphosat

16.11.2023 17:21

Lange wurde gestritten, jetzt gibt es eine Entscheidung: Im
Alleingang entscheidet die EU-Kommission, dass der umstrittene
Unkrautvernichter Glyphosat weitere zehn Jahre in der EU genutzt
werden darf. Die Minister im Land haben Bedenken.

Hannover (dpa/lni) - Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte und
Umweltminister Christian Meyer (beide Grüne) haben die EU-Zulassung
des Unkrautvernichters Glyphosat für weitere zehn Jahre kritisiert.
Das sei ein großer Rückschritt und ein Vertrauensbruch gegenüber den

Naturschutzverbänden und der Mehrheit der Gesellschaft, hieß es in
einer Mitteilung am Donnerstag. Die WHO habe Glyphosat als
wahrscheinlich krebserregend eingestuft, und mehrere Gerichte hätten
jüngst Entscheidungen zugunsten Geschädigter getroffen. «Ich würde

mir wünschen, dass unabhängige Studien im Entscheidungsprozess
stärker berücksichtigt werden als Herstellerstudien und dass wir eine
Struktur aufbauen, die insgesamt transparenter ist. Wir werden den
neuen Rechtsrahmen nun genau überprüfen», betonte Staudte.

In Zeiten des Artensterbens ist die Entscheidung aus Brüssel für
Meyer ein herber Rückschlag für den Natur- und Artenschutz. Der
Einsatz von Glyphosat sei mit gutem Grund in Privathaushalten
verboten. «Längst gibt es Alternativen zu dieser sehr giftigen
Chemikalie. Die Gefahren für unsere Gesundheit und die negativen
Auswirkungen auf die Natur sind nicht mehr von der Hand zu weisen»,
sagte Meyer. Umso mehr komme es jetzt darauf an, etwa Fließgewässer
vor dem Eintrag von Glyphosat effektiv zu schützen.

Auch Parteikollege und Bundesagrarminister Cem Özdemir setzt auf
mögliche nationale Schritte. Die Entscheidung der EU-Kommission trage
auch dem Abstimmungsverhalten im zuständigen EU-Ausschuss nicht
Rechnung. «Ich bedauere das sehr.» Mit Blick auf das weitere Vorgehen
verwies Özdemir auf die im Ampel-Koalitionsvertrag getroffene
Vereinbarung, Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen. «Insofern
gehe ich davon aus, dass alle drei Koalitionspartner sich dem
gegenüber verpflichtet fühlen und das jetzt gemeinsam umsetzen, so
dass wir im Rahmen dessen, was Brüssel festgelegt hat, jetzt unseren
nationalen Spielraum nutzen.»

Die EU-Kommission hatte entschieden, die Zulassung in der EU um zehn
Jahre zu verlängern. Sie kündigte zugleich neue Auflagen an. Zuvor
hatten sich in einem EU-Berufungsausschuss weder genug Vertreterinnen
und Vertreter der EU-Staaten für noch gegen einen weiteren Einsatz

ausgesprochen. Daraufhin konnte die Kommission allein entscheiden.
Streit gibt es unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein
könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum.

Deutschland hatte sich bei der Abstimmung erneut enthalten, wie
Özdemir erläuterte. Hintergrund war demnach, dass die FDP für eine
Zulassungs-Verlängerung eingetreten war, die Grünen sich aber dagegen
ausgesprochen hatten.

Das Landvolk Niedersachsen begrüßte die Entscheidung, weil in den
unzähligen Studien, die die Behörden auf EU-Ebene ausgewertet hätten,

keine bedenklichen gesundheitlichen Risiken bei der Anwendung in der
Landwirtschaft festgestellt worden seien. Mit einem Verbot würden die
Vorteile beim Umwelt- und Ressourcenschutz verloren gehen, ohne einen
Vorteil für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zu erreichen.