Slowakisches Parlament beschließt umstrittene Justizreform

08.02.2024 20:46

Bratislava (dpa) - Das Parlament der Slowakei hat am Donnerstag eine
umstrittene Justizreform mit den Stimmen der Dreierkoalition des
linksnationalen Ministerpräsidenten Robert Fico beschlossen. Die
Opposition boykottierte die Abstimmung. Seit Dezember hatten die
Oppositionsparteien Massendemonstrationen gegen die Reform
organisiert.

Die Reform sieht für Wirtschaftskriminalität mehr Geld- und
Alternativstrafen wie Fußfesseln statt Gefängnis vor. Während die
Regierungsparteien beteuerten, sie wollten die in der Slowakei
außerordentlich hohen Gefängnisstrafen an EU-Standards anpassen,
bezeichneten die Oppositionsparteien die Pläne als «Pro-Mafia-Paket»:

Das eigentliche Ziel sei es, Korruptionsfälle aus früheren
Regierungszeiten der Fico-Partei Smer unter den Teppich zu kehren.
Kritisch äußerten sich auch EU-Kommission und EU-Parlament.

Zu den umstrittensten Reforminhalten gehört die Abschaffung einer für
organisierte Kriminalität und politische Verbrechen zuständigen
Spezialstaatsanwaltschaft, weil diese «politisch missbraucht» worden
sei. Eine Anti-Fico-Koalition, die 2020 die Wahlen gegen den
Langzeit-Regierungschef gewann, hatte diese Anklagebehörde mithilfe
umstrittener Gesetzesänderungen dem aus ihren Reihen stammenden
Ex-Politiker Daniel Lipsic unterstellt.

Die Fico-Partei Smer hatte daraufhin beklagt, die
Spezialstaatsanwaltschaft werde für einen Kampf gegen politische
Gegner missbraucht. Beobachter sahen Parallelen zur Justizpolitik der
ehemaligen PiS-Regierung in Polen, der ebenfalls der Missbrauch einer
Antikorruptions-Behörde vorgeworfen wurde. 

Nach seinem Wahlsieg im Herbst 2023 kündigte Fico nicht nur die
Absetzung des umstrittenen Lipsic an, sondern die Abschaffung der
ganzen schon seit 2004 bestehenden Spezialstaatsanwaltschaft. Diese
sei von Lipsic und gleichgesinnten Staatsanwälten irreparabel
«politisiert» worden.