EU-Gipfel: Von der Wut der Landwirte bis zum Kampf für die Ukraine

21.03.2024 04:09

Der EU-Frühjahrsgipfel in Brüssel soll helfen, große Konflikte nicht

weiter eskalieren zu lassen. Können Bundeskanzler Olaf Scholz und
seine Kolleginnen und Kollegen liefern?

Brüssel (dpa) - Erst der Ukraine-Krieg und dann auch noch die
Eskalation des Nahost-Konflikts: Bei den turnusmäßigen Treffen der
europäischen Staats- und Regierungschefs spielten zuletzt vor allem
außenpolitische Themen eine zentrale Rolle. Beim Frühjahrsgipfel in
Brüssel, der an diesem Donnerstag beginnt, wird das nicht viel anders
sein. Allerdings gibt es auch noch zwei weitere Punkte auf der
Tagesordnung, die für schwierige Diskussionen sorgen könnte. Ein
Überblick:  

Die EU und die Wut der Landwirte

Nach teils heftigen Bauernprotesten in zahlreichen EU-Staaten wird
das Thema Landwirtschaft nun auch in Brüssel zur Chefsache. In einem
Entwurf für die Gipfelerklärung der Staats- und Regierungschefs heißt

es unter anderem, dass die Europäische Kommission unter der Leitung
von Ursula von der Leyen unverzüglich weiter an kurz- und
mittelfristigen Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft
arbeiten soll. Die Kommission hatte in den vergangenen Wochen bereits
mehrfach Entlastungen für Bauern präsentiert - etwa indem sie lockere
Umweltvorgaben ermöglichen will.

Ziel ist auch, Bäuerinnen und Bauern von Verwaltungsaufwand zu
befreien und Landwirten ein angemessenes Einkommen zu ermöglichen. In
dem Entwurf steht, dass die Position von Bauern innerhalb der
Lieferketten für Lebensmittel gestärkt werden soll. Aus dem Entwurf
geht nicht hervor, welche Maßnahmen dazu genau ergriffen werden
sollen. Grundsätzlich hat etwa der Lebensmitteleinzelhandel eine
mächtige Verhandlungsposition, wenn es darum geht, wie viel den
Bauern für ihre Lebensmittel gezahlt wird.

Im Entwurf der Gipfelerklärung wird auch die am Mittwoch von
Unterhändlern des Europaparlaments und der EU-Staaten ausgehandelte
teilweise Wiedereinführung von Zöllen auf ukrainische Lebensmittel
erwähnt. Vor allem polnische Bauern hatten sich durch stark
gestiegene Importe aus der Ukraine unverhältnismäßiger Konkurrenz
ausgesetzt gesehen. Mit der Wiedereinführung von Zöllen soll nun
Forderungen von Landwirten entgegengekommen werden. Zusätzlich ist
auch im Gespräch, neue Zölle auf Getreideimporte aus Russland
einzuführen.

Die EU und der Krieg in der Ukraine

Tun die EU-Staaten genug, um einen Sieg Russlands im Krieg gegen die
Ukraine zu verhindern? Und wenn nicht, was muss noch getan werden?
Das ist eine weitere brisante Frage, mit der es Bundeskanzler Olaf
Scholz (SPD) und seine Kolleginnen und Kollegen an diesem Donnerstag
und Freitag zu haben werden. In einem Entwurf für die
Abschlusserklärung heißt es, die Bereitstellung aller notwendigen
militärischen Hilfe solle beschleunigt und intensiviert werden. Was
genau das bedeutet, wird allerdings nicht ausgeführt. Zumindest aus
Sicht von Scholz dürfte nicht die Lieferung von weitreichenden
Marschflugkörpern vom Typ Taurus gemeint sein.

Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine soll es zudem auch darum
gehen, wie die europäische Verteidigungsindustrie möglichst schnell
gestärkt werden kann. Im Gespräch ist unter anderem, der Europäischen

Investitionsbank (EIB) künftig auch die Förderung von
Rüstungsprojekten zu ermöglichen. Bislang ist ihr das nicht erlaubt.

Die EU und der Nahost-Konflikt

Angesichts der dramatischen humanitären Situation der
palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen will eine große
Mehrheit der EU-Staaten von Israel fordern, im Kampf gegen die Hamas
eine Feuerpause einzulegen, die dann zu einem nachhaltigen
Waffenstillstand führen soll. Bis zuletzt war allerdings unklar, ob
es den notwendigen Konsens für eine gemeinsame Erklärung gibt. So
sieht es zum Beispiel Ungarn eigentlich als unangebracht an, Israel
nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober zu Zurückhaltung aufzufordern.
Auf der anderen Seite stehen Länder wie Spanien, die das Vorgehen
Israels im Gazastreifen für völkerrechtswidrig halten und sich eine
stärkere Reaktion der EU wünschen.

Die EU und die Beitrittskandidaten

Das Balkanland Bosnien-Herzegowina ist nach Einschätzung der
EU-Kommission bereit für die Aufnahme von Verhandlungen über den
Beitritt zur Europäischen Union. Die Entscheidung liegt allerdings
bei den Staats- und Regierungschefs - und vor allem aus den
Niederlanden waren zuletzt noch kritische Stimmen zu hören. Diese
verweisen unter anderem auf noch bestehende Defizite im Bereich der
Rechtsstaatlichkeit. Staaten wie Österreich dringen hingegen auf eine
positive Entscheidung für Bosnien-Herzegowina und drohen, sonst
vorerst Fortschritte im Beitrittsprozess für Länder wie die Ukraine
und Moldau zu blockieren. Grund ist auch die Sorge, dass sich das
Balkanland mit etwa 3,2 Millionen Einwohnern ansonsten Richtung
Russland oder China orientieren könnte.