Özdemir: Ukrainisches Getreide macht EU-Märkte nicht kaputt

26.03.2024 14:39

Bundesagrarminister Cem Özdemir stärkt der Ukraine den Rücken und
verteidigt gestiegene Agrarexporte aus dem Land in die EU. Damit
widerspricht er Äußerungen aus EU-Staaten.

Brüssel (dpa) - Bundesagrarminister Cem Özdemir hat Ungarn und
polnische Bauern indirekt für ihren Widerstand gegen ukrainische
Getreideimporte kritisiert. Die Verteidigung der Ukraine finde auch
darüber statt, «dass man sich an putinscher Propaganda nicht
beteiligt», sagte der Minister am Dienstag in Brüssel. Das Problem
sinkender Getreidepreise liege nicht an ukrainischen Lieferungen.
«Dafür gibt es einfach keinerlei Belege. Wer das sagt, soll es bitte
schön durch Fakten, durch Zahlen belegen», sagte der
Grünen-Politiker.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hatte in der
vergangenen Woche auf X (vormals Twitter) geschrieben, ukrainische
Ramschpreise machten europäische und ungarische Landwirte langsam
kaputt. In Polen protestieren seit Wochen Landwirte gegen die
EU-Agrarpolitik und die Einfuhr von Produkten aus der Ukraine. Sie
wollen verhindern, dass günstiges ukrainisches Getreide auf den
heimischen Markt gelangt. Polen schließt eine vorübergehende
Schließung der Grenze zur Ukraine für den Warenverkehr nicht mehr
aus. Ministerpräsident Donald Tusk hatte Ende Ferbruar gesagt, seine
Regierung führe entsprechende Gespräche mit der ukrainischen Seite.

Özdemir sagte nun, dass in Polen Speicher voll seien, liege daran,
dass ein Minister der mittlerweile abgewählten PiS-Regierung Bauern
falsche Empfehlungen gegeben habe. «Dafür kann nur die Ukraine
nichts.»

In der vergangenen Woche hatten sich Unterhändler der EU-Staaten und
des Europaparlaments darauf verständigt, dass zur Unterstützung
europäischer Landwirte wieder Zölle auf hohe Mengen bestimmter
Lebensmittel aus der Ukraine eingeführt werden sollen. Es ist unklar,
ob es eine Mehrheit für diesen Vorschlag gibt. Manchen geht er nicht
weit genug. So fordert unter anderem Ungarn, dass auch Weizen ab
einer gewissen Menge verzollt werden muss. Auch aus Frankreich und
Polen gibt es Stimmen, die strengere Zollregeln fordern.

Konkret soll es für bestimmte Agrarprodukte aus der Ukraine ein
Kontingent geben, das zollfrei in die EU verkauft werden darf. Wenn
diese Menge erreicht ist, werden wieder Zölle fällig. Die Kontingente
richten sich danach, wie hoch der Import der Waren im Schnitt in den
Jahren 2022 und 2023 war. Özdemir bezeichnete das
Verhandlungsergebnis als schwierigen Kompromiss für alle Beteiligten.
«Aber an dem sollten wir jetzt bitte schön festhalten und jetzt nicht
noch mal draufsatteln und noch weitere Dinge hier an Auflagen
machen.»