Steinmeier ruft zur Verteidigung der Demokratie bei Europawahl auf

30.04.2024 16:00

Bei einer Feier in Prag zur großen EU-Erweiterung vor 20 Jahren
richtet der Bundespräsident den Blick voraus auf die Europawahl. Er
warnt: Die EU sei nicht unzerstörbar. Man müsse sie verteidigen.

Prag (dpa) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu
aufgerufen, bei der Europawahl im Juni die Demokratie in der EU zu
verteidigen. «Innerhalb unserer Europäischen Union werden
grundlegende demokratische Werte, ja wird das europäische Projekt von
verantwortungslosen Populisten in Frage gestellt», sagte Steinmeier
am Dienstag in Prag bei einer Konferenz zur Aufnahme Tschechiens und
neun weiterer Staaten in die EU vor 20 Jahren. «Machen wir uns ganz
besonders jetzt bewusst, was auf dem Spiel steht.» 

Eine einmal erlangte Demokratie sei nicht aus sich heraus für die
Ewigkeit garantiert. «Wir wissen, dass die Stärke der liberalen
Demokratie, ihre Toleranz, gleichzeitig ihre verwundbarste Stelle
ist. Und wir wissen, dass wir wehrhaft sein und wehrhaft handeln
müssen, wenn die Verächter der Demokratie diese Toleranz benutzen, um
sie anzugreifen», sagte Steinmeier bei der Europakonferenz zur
EU-Erweiterung 2004.

Am 1. Mai 2004 waren die früheren Ostblock-Staaten Estland, Lettland,
Litauen, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Polen sowie
Malta und Zypern der Europäischen Union beigetreten. Es handelte sich
um die größte Erweiterung in der Geschichte der EU.

Die Aufnahme dieser Staaten in die Europäische Union habe junge
Demokratien weiter gefestigt und ihnen eine Perspektive für
Stabilität und Frieden gegeben, sagte Bundesjustizminister Marco
Buschmann. Damit diese Erfolgsgeschichte Europas fortgeschrieben
werde, sei es nun notwendig, weiter an der Arbeitsfähigkeit und
Effizienz der EU-Institutionen zu arbeiten, mahnte der FDP-Politiker.
Buschmann sagte: «Mehr Pragmatismus, ein starkes
Subsidiaritätsprinzip und weniger Regelungsinflation stärken die
Akzeptanz der EU. Darauf müssen wir bauen.»

Tschechiens Präsident Petr Pavel sprach sich für baldige neue
Erweiterungsrunden aus. Diese seien eine «geostrategische
Notwendigkeit», sagte er bei der Konferenz. «Wenn wir die
Westbalkanstaaten, die Ukraine, die Republik Moldau und Georgien zu
lange vor der Tür stehen lassen, liefern wir sie Akteuren wie
Russland aus, die es mit den Europäern und Europa keineswegs gut
meinen», mahnte der frühere Nato-General. Auch Steinmeier sagte: «Z
u
einem freien Europa und zu unserer Union, gehören die Staaten des
Westbalkan, die Ukraine und Moldau.»

In einer eingespielten Videobotschaft warb der ukrainische Präsident
Wolodymyr Selenskyj erneut dafür, auch sein Land schnell in die EU
aufzunehmen. «Europa ist ein Traum. Ich bin mir sicher, dass er bald
auch für die Ukraine Wirklichkeit wird.» Selenskyj dankte Steinmeier
und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie der Führung Tschechiens
ausdrücklich für die Unterstützung der Ukraine.

Steinmeier betonte, Tschechien und Deutschland hätten allen Grund,
den EU-Beitritt vor 20 Jahren zu feiern. «Wir alle haben von diesem
Schritt profitiert ? nicht allein wirtschaftlich, sondern vor allem
als Nachbarn. Und diese Erfolgsgeschichte wird weitergeschrieben
werden.» 

Der Bundespräsident wies darauf hin, dass Tschechien bisher nicht den
Euro eingeführt habe. Die gemeinsame Währung stehe weiter allen
offen. Entscheiden müsse das Tschechien selbst. «Aber meine Botschaft
ist: Wenn das tschechische Volk sich eines Tages so entscheidet, Sie
wären uns alle herzlichst im Euroraum willkommen.» Tschechiens
Präsident Pavel rief zum wiederholten Male zu einer Debatte über eine
Euro-Einführung in seinem Land auf. «Die Erfahrung derjenigen Länder,

die damit schon bezahlen, zeigt, dass nur diejenigen mit dem Euro
unzufrieden sind, die ihn nicht haben.»