Serbiens Parlament wählt Vucic-Vertrauten Vucevic zum Regierungschef

02.05.2024 19:30

Fast fünf Monate nach den letzten Wahlen bildet sich in Belgrad eine
neue Regierung. Wenig neue Gesichter sollen für eine Politik im Sinne
des mächtigen Präsidenten sorgen.

Belgrad (dpa) - Das serbische Parlament hat Milos Vucevic zum neuen
Ministerpräsidenten gewählt. Der bisherige Verteidigungsminister gilt
als enger Vertrauter von Präsident Aleksandar Vucic, der alle
wichtigen Entscheidungen selbst trifft. Für Vucevic, sein Kabinett
und Regierungsprogramm stimmten am Donnerstag in Belgrad 152 von 213
anwesenden Abgeordneten. Das war mehr als die Hälfte der insgesamt
250 Volksvertreter, die im Dezember des Vorjahres gewählt worden
waren. 

Vucevic tritt die Nachfolge von Ana Brnabic an, die nun
Parlamentspräsidentin ist. Der neue Regierungschef hatte vor einem
Jahr auch den Vorsitz der Regierungspartei SNS übernommen, nachdem
sich Vucic, der seit 2017 Präsident ist und im höchsten Staatsamt
eigentlich überparteilich agieren sollte, von dieser Position
zurückgezogen hatte.

In seiner mehr als dreistündigen Regierungserklärung hatte Vucevic am
Vortag Kontinuität angekündigt. Unter anderem werde man weiter
versuchen, die Aufnahme des Kosovos in internationale Organisationen
zu verhindern. Die ehemals serbische Provinz ist heute fast
ausschließlich von Albanern bewohnt und seit 2008 ein unabhängiger
Staat, was Belgrad bis heute nicht akzeptiert. Der Politiker
bezeichnete die angestrebte Mitgliedschaft in der EU als den Weg
Serbiens, zugleich werde man aber auch aufmerksam verfolgen, was sich
in anderen Teilen der Welt tue. 

Unter Vucic, der seit 2012 in unterschiedlichen Funktionen die
Geschicke des Balkanlandes bestimmt, verfolgt Serbien eine
Schaukelpolitik zwischen dem Westen auf der einen und Russland und
China auf der anderen Seite. Das Land verhandelt seit 2014 über eine
EU-Mitgliedschaft. Der Prozess verläuft schleppend, Kritiker werfen
der serbischen Führung Reformunwilligkeit vor. Sie monieren zudem,
unter Vucic würden freie Medien unterdrückt, die Justiz missbraucht
und die Korruption grassiere. 

Die neue Regierung von Vucevic genießt im Parlament die Unterstützung
der SNS und ihrer - oft von ihr abhängigen - Bündnispartner. Sie
besteht zu gut zwei Drittel aus Ministern, die schon in der Regierung
Brnabic dienten. Einige wechselten die Ressorts. Der bisherige
Außenminister Ivica Dacic, Chef der mit der SNS verbündeten
Sozialistischen Partei (SPS), wurde Innenminister. Neuer
Außenminister ist Marko Djuric, ein enger Vertrauter von Vucic.
Zuletzt hatte er als Serbiens Botschafter in Washington die Kontakte
zum Umfeld des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers Donald
Trump gepflegt. 

Über seine Rückkehr in die Regierung darf sich Aleksandar Vulin
freuen, der am auffälligsten prorussische Spitzenpolitiker des
Landes. Er wurde stellvertretender Ministerpräsident ohne eigenes
Ressort. Ende des Vorjahres hatte er den Chefposten im
Inlandsgeheimdienst BIA verloren, nachdem ihn die USA wegen
prorussischer Aktivitäten und krimineller Verstrickungen auf die
Sanktionsliste gesetzt hatten. In früheren Regierungen war Vulin
Innenminister und Verteidigungsminister gewesen.