Spaniens Sozialisten und Konservative beenden Streit über Justizposten

25.06.2024 19:19

Jahrelang stritten Spaniens regierende Sozialisten mit der
konservativen Oppositionspartei PP über die Neubesetzung wichtiger
Justizposten. Dann kam die EU zu Hilfe.

Madrid (dpa) - Nach gut fünf Jahren Streit haben sich Spaniens
regierende Sozialisten und die größte Oppositionspartei, die
konservative Volkspartei PP, unter Vermittlung der EU auf die
Neubesetzung wichtiger Justizposten geeinigt. Die Vereinbarung
erzielten Spaniens sozialistischer Justizminister Félix Bolaños und
der konservative EU-Abgeordnete Esteban González Pons mit
Unterstützung von EU-Kommissions-Vizepräsidentin Vera Jourová am
Dienstag in Brüssel. «Es ist ein großer Tag für unsere Demokratie u
nd
für unseren Rechtsstaat», sagte Bolaños in Brüssel vor Journalisten

Wegen der Blockade war der Generalrat der Justiz (CGPJ) seit 2018 nur
noch geschäftsführend im Amt und viele Justizposten konnten nicht
besetzt werden. Nun einigten sich beide Parteien auf eine Namensliste
der künftigen Mitglieder des CGPJ, wie der staatliche TV-Sender RTVE
berichtete.

Die Einigung kam nur kurz vor Ablauf eines Ultimatums, das
Regierungschef Pedro Sánchez der PP gestellt hatte. Hätte es bis
Sonntag keine Einigung gegeben, wollte die Regierung ein Gesetz
einbringen, das dem nur noch geschäftsführend amtierenden CGPJ die
Kompetenz zur Ernennung von Richtern der Obersten Gerichte entzogen
hätte. 

Bei dem Justizstreit ging es um die Überwindung der Blockade bei
der personellen Erneuerung des CGPJ. Die EU hatte Spanien wiederholt
aufgerufen, den Streit zügig beizulegen. Der CGPJ ist ein
Justiz-Kontrollrat und ernennt unter anderem die Richter
der obersten Gerichte. Er darf auch zwei Mitglieder des
Verfassungsgerichts wählen. In dem Kontrollrat stellen Konservative
seit den Zeiten, als die PP an der Macht war, die Mehrheit. 2018
verlor die Volkspartei die Regierungsmacht und musste in die
Opposition. Seither versuchte sie, die konservative Mehrheit im CGPJ
zu erhalten.

Wie von der EU-Kommission in ihrem Bericht über die
Rechtsstaatlichkeit in Spanien für die Jahre 2022 und 2023 empfohlen,
beinhaltet die Einigung die Entscheidung, die sofortige Erneuerung
des Generalrats der Justiz voranzutreiben und einen Vorschlag für ein
Organgesetz vorzulegen, um die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken,
und schließlich einen neuen Richter am Verfassungsgericht zu
ernennen. Dies solle bei einer Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses
im Juli gebilligt werden.

Die Zwölf der 20 Mitglieder des CGPJ werden von den Richtern
vorgeschlagen und müssen vom Parlament mit einer Mehrheit von 60
Prozent der Abgeordneten bestätigt werden, die restlichen acht werden
ohne Zutun der Richter direkt vom Parlament gewählt. Dieses Verfahren
gibt politischen Parteien erheblichen Einfluss auf die Justiz.