Frontstaaten fordern EU-Geld für Grenzschutz zu Russland und Belarus

27.06.2024 05:10

Polen und die baltischen Staaten halten Russland und dessen Partner
Belarus für unberechenbar. Sie schlagen nun eine neue
Verteidigungsinitiative vor.

Brüssel (dpa) - Angesichts der Bedrohungen durch Russland und Belarus
fordern Polen, Estland, Lettland und Litauen EU-Unterstützung bei der
militärischen und zivilen Grenzsicherung. «Wir benötigen eine
Verteidigungsinitiative, um die Europäer heute und in den kommenden
Jahren zu schützen», schrieben die Staats- und Regierungschefs der
Länder kurz von dem EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag in
einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und
EU-Ratspräsident Charles Michel.

Als konkretes Projekt nennen sie den «Aufbau eines
Verteidigungsinfrastruktursystems entlang der EU-Außengrenze zu
Russland und Belarus». Dieses könne der dringenden Notwendigkeit
Rechnung tragen, die EU vor militärischen und hybriden Bedrohungen zu
schützen. Von den hybriden Bedrohungen beeinträchtige insbesondere
die instrumentalisierte Migration die Sicherheit des gesamten
EU-Gebiets, heißt es in dem Brief. Damit sind Versuche gemeint,
gezielt Menschen aus armen oder konfliktreichen Ländern in die EU zu
schleusen.

Das Ausmaß und die Kosten der angedachten Verteidigungsinitiative
erfordern aus Sicht der Autoren des Schreibens politische und
finanzielle EU-Unterstützung. Planung und Umsetzung sollten aber in
Abstimmung mit der Nato und deren militärischen Anforderungen
erfolgen, heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur
vorliegt. Er wurde von Polens Regierungschef Donald Tusk, Estlands
Ministerpräsidentin Kaja Kallas, 
Kaja Kallas, Litauens Präsident Gitanas Nauseda und Lettlands
Ministerpräsidentin Evika Silina unterzeichnet.

Mit Blick auf die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin
und des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko schreiben
die Staats- und Regierungschefs, sie hätten wenig Zweifel, dass deren
Absichten zunehmend feindselig würden, wenn man sie nicht
zurückhalte. «Russland hat seine strategischen Ziele, die die
Wiederherstellung von Pufferzonen und Einflussbereichen der
Vergangenheit beinhalten, nicht geändert und das stellt eine
existenzielle Bedrohung für Europa und die transatlantische
Gemeinschaft dar», warnen sie. «Wir leben im Schatten des Krieges und
unsere Länder spüren, was es bedeutet, die Frontstaaten der EU zu
sein.»

Unabhängig von der EU-Unterstützung für die Grenzsicherung fordert
Polen gemeinsam mit Griechenland zudem eine gemeinschaftliche
EU-Finanzierung des Ausbaus der europäischen Luftverteidigung. In
einem neuen Konzeptpapier zu der Initiative mit dem Namen «Shield and
Spear» (deutsch: Schild und Speer) heißt es: «Da sich die
Luftbedrohungen an den europäischen Grenzen weiterentwickeln, (...)
wird ein neuer strukturierter und umfassender Ansatz für die
Luftverteidigung auf unserem Kontinent unverzichtbar.» Die
Bedrohungen reichten von fortschrittlichen Drohnen und elektronischer
Kriegsführung bis hin zu Langstreckenraketen,
Hyperschall-Marschflugkörpern oder Kampfflugzeugen der fünften
Generation.