Preise in der EU steigen schneller als die Löhne

01.07.2024 13:23

Trotz zum Teil spürbarer Lohnerhöhungen haben die meisten
Arbeitnehmer in Europa real weniger in der Tasche. Denn die Preise
steigen noch schneller.

Düsseldorf (dpa) - Die Reallöhne der Beschäftigten in der EU sind
2023 weiter gesunken. Trotz stärkerer Lohnzuwächse und sinkender
Inflation sei die Kaufkraft im Schnitt um 0,6 Prozent gesunken, heißt
es im aktuellen Tarifbericht des Wirtschafts- und
Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen
Hans-Böckler-Stiftung. Auch in Deutschland gingen die Reallöhne um
0,3 Prozent zurück. Schuld seien die Preissteigerungen, die von den
Lohnerhöhungen nicht ausgeglichen werden konnten.

Gegenüber 2022 habe sich der Kaufkraftverlust aber deutlich
verlangsamt, so das WSI weiter. Wegen der damals hohen
Inflationsraten waren die Löhne in der EU preisbereinigt um 4,2
Prozent eingebrochen, in Deutschland sogar um 4,4 Prozent. Für das
laufende Jahr zeichne sich zwar in fast allen EU-Ländern wieder ein
Plus bei den Reallöhnen ab. Dies werde die Rückgänge der vergangenen

Jahre aber nicht ausgleichen, so die WSI-Experten. Preisbereinigt
lägen die Tariflöhne in Deutschland inzwischen 0,8 Prozent unter dem
Niveau von 2015.

Tschechen mit dem stärksten Rückgang

Insgesamt gingen die Reallöhne 2023 in 12 der 27 EU-Länder zurück.
Besonders deutliche Kaufkraftverluste gab es in Tschechien (minus 4,4
Prozent), auf Malta (minus 3,8 Prozent) und in Italien (3,3 Prozent).
In mehreren EU-Ländern legten die Reallöhne aber auch zu, am
stärksten im Niedriglohnland Rumänien (plus 7,7 Prozent) und in
Belgien (5,3 Prozent), wo die Löhne per Gesetz automatisch mit der
Inflation steigen.

Aus Sicht der Arbeitnehmer sei die Krise noch nicht überwunden,
urteilten die WSI-Forscher Thilo Janssen und Malte Lübke. «Sie haben
den Großteil der realen Einkommenseinbußen getragen, die mit dem
Energiepreisschock infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine
verbunden waren.» Bei der Lohnentwicklung gebe es «weiterhin
Aufholbedarf». Schließlich hätten sich die Verbraucherpreise
dauerhaft erhöht, sie stiegen mit dem Auslaufen der Inflationswelle
nur nicht mehr so schnell.