Rechte Regierung in den Niederlanden vom König vereidigt

02.07.2024 11:28

Offiziell bleibt Geert Wilders außen vor. Doch hinter den Kulissen
kann der Rechtspopulist mitregieren. Für die EU verheißt der Kurs der
nun vereidigten niederländischen Regierung nichts Gutes.

Den Haag (dpa) - Mehr als sieben Monate nach dem Sieg des
radikal-rechten Populisten Geert Wilders bei der niederländischen
Parlamentswahl ist die am weitesten rechtsstehende Regierung in der
Geschichte des Landes vereidigt worden. In einer Zeremonie legten die
Minister und Staatssekretäre heute im Residenzschloss Huis ten Bosch
bei Den Haag vor König Willem-Alexander wahlweise den Eid («so wahr
mir Gott, der Allmächtige, helfe») oder ein entsprechendes weltliches
Gelöbnis ab.

Zu weiten Teilen wird die Vier-Parteien-Koalition von Wilders
kontrolliert, der allerdings nicht selbst Mitglied des Kabinetts ist.
Seinen Amtsverzicht hatten die neuen Bündnispartner der von Wilders
geführten Partei für die Freiheit (PVV) zur Bedingung für ihre
Regierungsbeteiligung gemacht. Ministerpräsident ist nun der
parteilose frühere Chef des Geheimdienstes und der
Anti-Terrorismusbehörde, Dick Schoof. Sein Vorgänger, der langjährige

Regierungschef Mark Rutte, wird im Oktober Generalsekretär der Nato.

Kaum Regierungserfahrung

Wie der 67-jährige Schoof verfügen auch die meisten anderen
Kabinettsmitglieder kaum über Regierungserfahrung. Auch deshalb gilt
das neue Bündnis als potenziell instabil. Allein die rechts-liberale
Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) von Mark Rutte kann auf
praktische Erfahrungen aus einer langjährigen Regierungsbeteiligung
in verschiedenen Koalitionen zurückgreifen.

Neu in der Regierung vertreten sind neben der PVV die
Mitte-Rechts-Partei Nieuw Sociaal Contract (NSC, etwa: Neuer
Gesellschaftsvertrag) und die populistische Bauern-Bürger-Bewegung
(BBB), die aus den massiven Bauernprotesten der vergangenen Jahre
hervorgegangen war.

VVD und NSC hatten einer Koalition mit Wilders nur widerstrebend
zugestimmt. So musste er in den monatelangen Koalitionsverhandlungen
nicht nur auf den Posten des Regierungschefs verzichten, sondern auch
seine radikalsten rechtspopulistischen und islamfeindlichen
Forderungen auf Eis legen - darunter solche nach dem EU-Austritt der
Niederlande («Nexit») und nach dem Verbot des Korans.

Rechtsruck mit Folgen für die EU?

Mit Argwohn wird bei der EU-Kommission in Brüssel - ebenso wie in
Berlin, Paris und anderen Hauptstädten - beobachtet, welche Folgen
der starke Rechtsruck in Den Haag für Europa haben wird. Bislang
hatte das Land zu den stärksten Stützen der EU gehört. Nun aber wird

unter anderem befürchtet, dass die Niederlande aus dem EU-Asylpakt
ausscheren könnten, der neben Asylverfahren an den Außengrenzen der
Union eine gleichmäßigere Verteilung von Migranten auf die
Mitgliedstaaten vorsieht. Die neue Koalition will erklärtermaßen die
strengste Asylpolitik in ganz Europa betreiben und Zuwanderung
drastisch einschränken.

Differenzen mit anderen EU-Mitgliedern zeichnen sich auch
hinsichtlich der Klimapolitik ab, insbesondere bei der Umsetzung des
«Green Deal». Die BBB, die auf die Unterstützung der Landwirte
angewiesen ist, fordert erhebliche Lockerungen bei den
Umweltauflagen. Streit könnte es zudem über die Höhe des
niederländischen EU-Beitrags geben.

Pläne der Regierung nur grob skizziert

Welche Ziele die neue Regierung in Den Haag ganz konkret anstreben
will, wird sich allerdings erst in den kommenden Wochen zeigen.
Bisher gibt es nur eine Koalitionsvereinbarung, in der Pläne grob
skizziert sind. Es könnten nach Einschätzung von Kommentatoren noch
erhebliche politische Unterschiede zutage treten.