Inflation im Eurorum geht nur langsam zurück

02.07.2024 13:15

Die Teuerung im gemeinsamen Währungsraum hält sich zäh. Ökonomen
erwarten daher, dass sich die Europäische Zentralbank mit weiteren
Leitzinssenkungen Zeit lässt.

Luxemburg (dpa) - Die Inflation im Euroraum bleibt trotz einer
leichten Abschwächung hartnäckig. Die Inflationsrate fiel im Juni auf
2,5 Prozent nach 2,6 Prozent im Vormonat, wie das Statistikamt
Eurostat in Luxemburg mitteilt. Analysten hatten im Schnitt mit der
Entwicklung gerechnet, nachdem sich die Teuerung im Vormonat noch
beschleunigt hatte.

Ohne schwankungsanfällige Preise von Energie und Nahrungsmitteln
stagnierte die Teuerung bei 2,9 Prozent. Hier hatten Experten einen
leichten Rückgang erwartet. Die Kerninflation beschreibt den
Preistrend nach Ansicht von Ökonomen zuverlässiger als die
Gesamtrate.

Wenig Handlungsdruck für EZB

«Der Inflationsrückgang setzt sich nur langsam fort», kommentiert
Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Die letzten Meter zum
Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) seien eine äußerst

zähe Angelegenheit. «Dies weiß auch die EZB und richtet ihre
Zinspolitik entsprechend danach.»

Die Europäische Zentralbank hatte ihre straffe Geldpolitik Anfang
Juni erstmals nach der großen Inflationswelle gelockert und den
Leitzins um 0,25 Prozentpunkte gesenkt, weil die Teuerung im Trend
rückläufig ist. Ihren Höhepunkt hatte die Inflation im Jahr 2022 mit

mehr als zehn Prozent markiert. In diesem Jahr ist der Rückgang
allerdings ins Stocken geraten.

Steigende Löhne verteuern Dienstleistungen

«Die EZB lockert zwar den Leitzins, geht dabei aber vorsichtig vor»,
erklärt Ökonom Gitzel. Nach eigenem Bekunden wollen die Währungshüt
er
auf Sicht fahren und weitere Zinssenkungen nach Datenlage
beschließen. Gitzel rechnet mit Reduzierungen im vierteljährlichen
Rhythmus. «Die nächste Zinssenkung dürfte deshalb im September
anstehen.»

Besonders deutlich stiegen im Juni erneut die Preise für
Dienstleistungen, sie erhöhten sich wie im Monat zuvor um 4,1 Prozent
auf Jahressicht. Diese Komponente hat die EZB wegen des hohen
Lohnanteils und der zuletzt hohen Tariflohnabschlüsse besonders im
Blick. Der Anstieg der Energiepreise bewegte sich hingegen mit 0,2
Prozent knapp über Stagnation, während Lebens- und Genussmittel 2,5
Prozent teurer waren. 

Lagarde zeigt sich zurückhaltend

Die Arbeitslosigkeit im Euroraum bleibt unterdessen auf einem
Rekordtief: Im Mai betrug sie in den 20 Euro-Staaten wie im Vormonat
6,4 Prozent, so Eurostat. Das ist die niedrigste Quote seit Bestehen
des Währungsraums. In den 27 Ländern der EU betrug die Quote -
ebenfalls unverändert - 6,0 Prozent.

Hinsichtlich weiteren Zinssenkungen zeigt sich EZB-Präsidentin
Christine Lagarde zurückhaltend. «Der starke Arbeitsmarkt bedeutet,
dass wir uns Zeit nehmen können, um neue Informationen zu sammeln»,
sagte Lagarde am Montagabend beim EZB-Forum im portugiesischen
Sintra. Aber man müsse sich auch der Tatsache bewusst sein, dass die
Wachstumsaussichten unsicher blieben.