Jeder Fünfte lebt in Deutschland allein Von Isabell Scheuplein, dpa

02.07.2024 15:10

Rund 20 Prozent der Menschen in Deutschland wohnen allein in einem
Haushalt. Nur in fünf EU-Mitgliedsstaaten ist ihr Anteil an der
Bevölkerung höher.

Wiesbaden (dpa) - Jeder Fünfte lebt nach einer Statistik hierzulande
allein - das sind anteilig deutlich mehr Menschen als in den meisten
anderen Staaten der Europäischen Union. Den Anteil an Alleinlebenden
in Deutschland gab das Statistische Bundesamt für das vergangene Jahr
mit 20,3 Prozent an, im EU-Durchschnitt waren es 16,1 Prozent. Nur in
den fünf nord- beziehungsweise nordosteuropäischen Staaten Finnland,
Litauen, Schweden, Dänemark und Estland waren die Zahlen den Angaben
zufolge höher. 

Der Anteil betrug der europäischen Statistikbehörde Eurostat zufolge
in den fünf Staaten zwischen 25,8 Prozent (Finnland) und 21,5 Prozent
(Estland). Die wenigsten Alleinlebenden erfasste die Statistik
anteilig in der Slowakei mit 3,8 Prozent, auf Zypern mit 8,0 Prozent
und in Irland mit 8,3 Prozent.

Die Zahlen stiegen zuletzt teilweise deutlich. Bulgarien verzeichnete
zwischen 2013 und 2023 ein Plus von 9,3 Prozentpunkten auf 17,8
Prozent Alleinlebende und damit den EU-weit größten Zuwachs. Nur die
Slowakei zählte mit einem Minus von 4,3 Prozentpunkten auf 8,1
Prozent anteilig weniger Menschen, die allein lebten.

Anteil bei älteren Menschen höher

Ältere Menschen leben besonders häufig allein: Dies war vergangenes
Jahr bei den mindestens 65-Jährigen fast doppelt so häufig der Fall
wie beim Durchschnitt der Bevölkerung. In der EU betraf dies 31,6
Prozent der Menschen ab 65 Jahren, in Deutschland 34,6 Prozent, wie
das Bundesamt mitteilte. 

Die Anteile schwanken beträchtlich: In Litauen lebte gut die Hälfte
aller mindestens 65-Jährigen allein, mit 51,0 Prozent war der Anteil
hier am höchsten. Am niedrigsten war er in der Slowakei, wo 2023
lediglich 11,6 Prozent der Menschen ab 65 Jahren allein lebten. 

Frauen lebten auch aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung in fast
allen EU-Staaten häufiger allein als Männer. Ihr Anteil betrug 2023
im Schnitt 54,7 Prozent. 

Alleinlebende sind in der Statistik Menschen, die in einem
Einpersonenhaushalt leben. Gezählt werden Menschen in privaten
Hauptwohnsitzhaushalten. Menschen in Gemeinschaftsunterkünften oder
Einrichtungen wie beispielsweise Alten- oder Pflegeheimen werden
nicht erfasst. 

Einsamkeit nimmt zu

Allein leben heißt nicht zwangsläufig, gleichzeitig einsam zu sein -
dennoch gibt es in vielen Fällen einen Zusammenhang. Gefühle der
Einsamkeit nehmen laut Studien in Deutschland zu. Grund ist auch die
Corona-Pandemie, die besonders junge Menschen einsamer machte. Dem
Einsamkeitsbarometer der Bundesregierung zufolge sind neben
Alleinerziehenden und Migranten zudem Menschen hohen Alters besonders
betroffen.

Verbände fordern hier konkrete Schritte der Politik. Als einen Grund
für die hohe Zahl von Alleinlebenden verwies der Sozialverband
Deutschland auf die demografische Entwicklung mit einer älter
werdenden Bevölkerung. Auch Ausbildung und Karriereorientierung
führten zu längeren Phasen des Alleinlebens. «Das ist nicht per se
etwas Negatives. Dennoch beobachten wir mit Sorge, dass immer mehr
Menschen von Einsamkeit betroffen sind», erklärte die
Vorstandsvorsitzende des Verbands, Michaela Engelmeier.

Erhöht sei das Risiko insbesondere bei Menschen im Alter über 75
Jahren. «Wirksame Maßnahmen gegen Einsamkeit erfordern zusätzliche
Investitionen in Personal und Strukturen öffentlicher
Begegnungsstätten», forderte Engelmeier. Außerdem müsse die
Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf verbessert werden, damit
Angehörige sich überhaupt der Pflege widmen könnten.