EZB hält Zinsen im Euroraum konstant

18.07.2024 14:28

Die Inflation sinkt langsam und die Konjunktur im Euroraum
schwächelt, doch die Europäische Zentralbank hat keine Eile bei ihrer
Zinswende. Auch Ökonomen sehen noch Risiken.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank lässt die Zinsen
im Euroraum trotz der zuletzt gesunkenen Inflation unverändert. Damit
verzichtet die EZB nach ihrer jüngsten Zinssenkung im Juni zunächst
darauf, ihre Geldpolitik weiter zu lockern. 

Der Leitzins, zu dem sich Banken Geld bei der Notenbank besorgen
können, liegt weiter bei 4,25 Prozent. Das entschied der EZB-Rat in
Frankfurt. Der Einlagenzins, den Banken für bei der Notenbank
geparkte Gelder erhalten, beträgt unverändert 3,75 Prozent. Man
handele weiter datenabhängig und entscheide von Sitzung zu Sitzung,
so die Notenbank, die auf immer noch hohen Preisdruck verwies. 

Hinsichtlich weiterer Zinssenkungen hatte sich EZB-Präsidentin
Christine Lagarde jüngst zurückhaltend gezeigt. «Der starke
Arbeitsmarkt bedeutet, dass wir uns Zeit nehmen können, um neue
Informationen zu sammeln», sagte Lagarde beim EZB-Forum im
portugiesischen Sintra mit Blick auf die Arbeitslosigkeit im
Euroraum. Diese lag im Mai auf einem Rekordtief von 6,4 Prozent. Aber
man müsse sich auch der Tatsache bewusst sein, dass die
Wachstumsaussichten unsicher blieben. Im ersten Quartal hatte die
Wirtschaft in der Eurozone nur leicht um 0,3 Prozent gegenüber dem
Vorquartal zugelegt. 

Auch die Bundesbank hatte sich für einen vorsichtigen Kurs
ausgesprochen. «Zinssenkungen machen wir nicht per Autopilot», hatte
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel kürzlich dem «Tagesspiegel»
gesagt. 

EZB hat bei Zinswende keine Eile

Um die nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auf
Rekordhöhe gestiegene Inflation in den Griff zu bekommen, hatte die
EZB seit Juli 2022 zehnmal in Folge die Zinsen nach oben geschraubt,
ehe sie eine Pause einlegte. Im Juni senkte die EZB dann erstmals
seit der Inflationswelle die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. 

Die Notenbank muss mit ihrer Geldpolitik einen Spagat bewältigen.
Hohe Zinsen machen Kredite teuer. Das kann die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage bremsen und hohen Inflationsraten entgegenwirken. Teurere
Finanzierungen sind zugleich eine Last für die Wirtschaft und
Privatleute, die sich Geld leihen wollen - etwa Hausbauer. Senkt die
EZB die Zinsen wiederum zu schnell, läuft sie Gefahr, dass die
Inflation wieder anzieht. 

Inflation hält sich hartnäckig

Zuletzt hatte sich die Inflation im Euroraum abgeschwächt. Die
Teuerungsrate fiel im Juni auf 2,5 Prozent, nachdem sie im Mai auf
2,6 Prozent gestiegen war. Die Inflation nähert sich damit langsam
dem Ziel der EZB, die mittelfristig eine jährliche Rate von zwei
Prozent anstrebt. Bei diesem Wert sehen die Währungshüter
Preisstabilität gewahrt. Höhere Teuerungsraten schmälern die
Kaufkraft von Verbrauchern - sie können sich dann für einen Euro
weniger leisten. Angesichts der schwächelnden Konjunktur und
sinkender Inflation gibt es immer wieder Forderungen, die EZB solle
die Leitzinsen senken.

Doch der Rückgang der Inflation im Euroraum ist zäh. Sorge bereitet
Ökonomen auch, dass die Teuerungsrate ohne die schwankungsanfälligen
Preise für Energie und Nahrungsmitteln im Juni bei 2,9 Prozent
stagnierte. Diese «Kerninflation» beschreibt den Preistrend nach
Ansicht von Ökonomen zuverlässiger als die Gesamtrate. Einige
Volkswirte rechnen im September mit einer nächsten Zinssenkung. Dann
entscheidet die EZB erneut über die Leitzinsen.