Europaparlament stimmt zweiter Amtszeit für von der Leyen zu Von Marek Majewsky, Regina Wank, Katharina Redanz und Ansgar Haase, dpa

18.07.2024 14:36

Ursula von der Leyen hat es ein zweites Mal geschafft. Die
CDU-Politikerin hat die Rückendeckung des Europaparlaments für
weitere fünf Jahre an der Spitze der EU-Kommission. Auch dank rechter
Stimmen?

Brüssel (dpa) - Ursula von der Leyen bleibt weitere fünf Jahre
Präsidentin der mächtigen EU-Kommission. Im Europäischen Parlament
stimmte die Mehrheit der Abgeordneten für die 65 Jahre alte
CDU-Politikerin und bestätigte damit offiziell ihre Nominierung durch
die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten. Von der Leyen bekam
diesmal rund 56 Prozent der möglichen Stimmen und damit deutlich mehr
als vor fünf Jahren. Damals hatten lediglich 51 Prozent der
stimmberechtigten Abgeordneten für sie votiert.

Von der Leyen erhielt nun 401 der möglichen 719 Stimmen. Sie brauchte
mindestens 360 Stimmen. 

Die Präsidentschaft der EU-Kommission gilt als die mit Abstand
wichtigste Position in Brüssel. Von der Leyen sind rund 32.000
Mitarbeiter unterstellt, die unter anderem Vorschläge für neue
EU-Gesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge
überwachen. Zudem sitzt die Kommissionspräsidentin bei fast allen
großen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als
EU-Repräsentantin mit am Tisch. Vom US-Magazin «Forbes» wurde von der

Leyen deswegen bereits mehrfach zur «mächtigsten Frau der Welt»
gekürt.

Ankündigung zum Verbrenner-Aus

Kurz vor ihrer Wahl hatte von der Leyen in ihrer letzten
Bewerbungsrede vor dem Parlament ihre Pläne für die kommenden fünf
Jahre skizziert. Dabei kündigte sie an, das bereits beschlossene
EU-Verbot von neuen Verbrenner-Autos ab 2035 durch Ausnahmen für
sogenannte E-Fuels aufweichen zu wollen. Zudem will sie unter anderem
Initiativen für günstigeres Wohnen, eine Verdreifachung der Zahl der
EU-Grenzschützer sowie ein europäisches Luftverteidigungssystem
starten 

Die frühere Bundesministerin für Verteidigung (2013-2019), Arbeit und
Soziales (2009-2013) sowie für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(2005-2009) war nach der Europawahl 2019 ins Amt gekommen. In
Deutschland war damals noch von der Leyens Parteifreundin Angela
Merkel Bundeskanzlerin.

Wahlsieg von Mitte-Rechts-Bündnis ebnete Weg

Grundlage der erneuten Nominierung von Ursula von der Leyen war der
Wahlsieg ihrer europäischen Parteienfamilie EVP bei der Europawahl
gewesen. Das Mitte-Rechts-Bündnis hatte danach mit den europäischen
Sozialdemokraten und Liberalen eine Art informelle Koalition
vereinbart und die neu zu vergebenen Spitzenposten unter sich
aufgeteilt.

Die Einigung sieht so auch vor, dass die liberale estnische
Regierungschefin Kaja Kallas den Posten der EU-Außenbeauftragten
bekommt. Zum Präsidenten des Gremiums der Staats- und Regierungschefs
wurde bereits für zunächst zweieinhalb Jahre der frühere
portugiesische Regierungschef António Costa gewählt.

Wahl war bis zuletzt Zitterpartie

Die Bestätigung von der Leyens im Parlament war dennoch nicht
hundertprozentig sicher gewesen, weil dort kein Fraktionszwang
existiert und in geheimer Wahl abgestimmt wurde. Von der Leyen führte
deswegen in den vergangenen Wochen zahllose Gespräche mit
Abgeordneten, um sie von sich zu überzeugen. Für das Parlament ist es
stets wichtig, mit dem Kommissionschef vor dessen Wahl möglichst
feste Vereinbarungen zu politischen Zielen zu treffen. Dies liegt
daran, dass auf EU-Ebene nur die Kommission Gesetzgebungsvorschläge
machen kann.

Stimmten auch Abgeordnete von Meloni-Partei für von der Leyen?

Wie viele Abgeordnete von rechten Parteien für von der Leyen
stimmten, war zunächst unklar. Vor der Wahl war gemutmaßt worden,
dass ihre Parteienfamilie hinter den Kulissen zum Beispiel auch um
Stimmen von Abgeordneten der Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) der
rechten italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni warb. Als
mögliche Gegenleistung könnte von der Leyen beispielsweise angeboten
haben, dem künftigen italienischen Vertreter in der EU-Kommission
einen wichtigen Aufgabenbereich zu geben. Zudem könnten
EVP-Abgeordnete zugesichert haben, sich nicht gegen
Kommissarskandidaten von den Parteien zu stellen, die von der Leyen
bei der Wahl unterstützt haben. Die Kandidaten der EU-Länder für die

Posten als Kommissar müssen vom Parlament bestätigt werden. Im
Idealfall soll die komplette EU-Kommission aus von der Leyen und 26
Kommissarinnen und Kommissaren im November antreten.