Ungarn und Slowakei eskalieren Öl-Streit mit Ukraine

23.07.2024 16:13

Die Ukraine legt sich mit neuen Sanktionen gegen Russland auch mit
Ungarn und der Slowakei an. Verstößt sie gegen ein Abkommen mit der
EU?

Brüssel (dpa) - Neue Sanktionen der Ukraine gegen den russischen
Ölkonzern Lukoil sorgen in der EU für Ärger. Die Europäische
Kommission teilte in Brüssel mit, dass sie einen Beschwerdebrief der
Außenminister Ungarns und der Slowakei erhalten habe. Darin geht es
demnach um negative Auswirkungen der Kiewer Entscheidung, den
Transport von Lukoil-Öl über ukrainisches Staatsgebiet zu verbieten.
Dieses wurde bislang über den Südstrang der Druschba-Pipeline von
Russland über die Ukraine nach Ungarn und in die Slowakei geleitet.

Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte, die Informationen in dem
Brief würden nun geprüft. Auf Antrag von Ungarn und der Slowakei
solle an diesem Mittwoch zudem der Ausschuss für Handelspolitik
tagen. Aus Sicht der EU-Kommission seien derzeit keine unmittelbaren
Auswirkungen auf die Sicherheit der Ölversorgung der Europäischen
Union zu erwarten.

Ungarn und Slowakei verweisen auf Abkommen

Ungarn und die Slowakei werfen der Ukraine seit Tagen vor, mit der
Einschränkung des Öltransits gegen ein Assoziierungsabkommen mit der
EU zu verstoßen. In diesem ist festgehalten, dass der Transit von
Energiegütern nicht behindert werden darf. Unklar ist nach Angaben
aus EU-Kreisen aber, ob die Maßnahme der Ukraine nicht als
sicherheitsrelevant und damit als legitim eingestuft werden könnte.

Grundsätzlich gilt in der EU bereits seit längerem ein Einfuhrverbot
für Öl aus Russland. Für Länder, die aufgrund ihrer geografischen
Lage in besonderem Maße von Pipeline-Öl aus Russland abhängig sind,
gibt es aber Ausnahmen. 

Ungarns Außenminister Peter Szijjarto fordert mittlerweile sogar, die
Zollfreiheit für die Ukraine aufzuheben, sollte diese das
Transitverbot für Lukoil nicht rückgängig zu machen. Der Minister
betonte zudem, Ungarn werde weiter wie bisher die Auszahlung von
EU-Geldern für Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine
blockieren, wenn es bei der Entscheidung Kiews bleiben sollte.
Insgesamt geht es dabei nach Angaben Ungarns um 6,5 Milliarden Euro.

Aus Sicht von Szijjarto ist der Schritt Kiews besonders gravierend,
weil die Ukraine andersherum viel Strom über Ungarn importiere. In
Ungarn wird außerdem befürchtet, dass der Stopp russischer
Öl-Lieferungen zu einem Anstieg von Kraftstoffpreisen für Verbraucher
führen könnte.

Wenn dafür die Ukraine verantwortlich gemacht werden sollte, wäre das
auch für die EU ein Problem: In Ungarn stehen viele Menschen der
starken militärischen Unterstützung der EU kritisch gegenüber und die

Regierung von Viktor Orban blockiert immer wieder EU-Entscheidungen
für neue Hilfen. 

Russland wirft Ukraine illegale Transitblockade vor

Russland versucht die Differenzen unterdessen für seine Zwecke zu
nutzen. «Der Transit von Energieressourcen ist für das Kiewer Regime
buchstäblich zu einem Knopf geworden, um Menschen, Länder und Völker

zu manipulieren», kommentiert die Sprecherin des russischen
Außenministeriums, Maria Sacharowa. Die Partner der Ukraine sollten
der Führung in Kiew erklären, dass sich verantwortliche und
demokratische Staaten so nicht verhielten. Es handele sich um einen
Verstoß gegen geltendes Recht.

Der für Energiefragen in Russland zuständige Vize-Regierungschef
Alexander Nowak sagte, dass Ungarn und die Slowakei weiter Öl
erhielten. Russland habe ein Interesse dran, seine Partner Ungarn und
die Slowakei weiter zu versorgen. «Wir werden liefern», sagte er,
ohne Details zu nennen. 

Er wollte sich auf Nachfrage von Journalisten nicht dazu äußern, über

welchen Weg das geschieht. Zuvor war unter Berufung auf nicht näher
genannte Informationen von Lukoil die Rede davon, dass frühere Wege
aktiviert worden seien. Ein Teil der Druschba-Leitung verläuft durch
Belarus.