Keine Ausschussvorsitze für Rechtsaußen-Fraktionen in EU-Parlament

23.07.2024 18:04

Die Posten der Ausschussvorsitzenden im EU-Parlament sind vergeben.
Zwei der acht Fraktionen gehen leer aus. Das trifft auch deutsche
Rechtsausleger im Parlament.

Brüssel (dpa) - Im Europaparlament werden die beiden
Rechtsaußen-Fraktionen keine Ausschussvorsitzenden stellen. Sowohl
das Bündnis um Ungarns Regierungschef Viktor Orban, die «Patrioten
für Europa», als auch die Fraktion «Europa Souveräner Nationen»
(ESN), in der die AfD stärkste Kraft ist, gingen bei der
Postenverteilung leer aus, wie aus Angaben des Parlaments hervorgeht.
Damit hat die in Brüssel und anderswo als «Cordon sanitaire»
bezeichnete Brandmauer gegen rechts der proeuropäischen Fraktionen
vorerst gehalten. 

Eigentlich sollen die Ausschussvorsitze in Brüssel nach einem nach
dem Belgier Victor d'Hondt benannten Verfahren vergeben werden. Das
System des Mathematikers wird unter anderem dafür genutzt, Stimmen
von Wählerinnen und Wählern möglichst gut in Sitze umzurechnen. Es
ist vorgesehen, aber nicht vorgeschrieben, die D'Hondt-Methode für
die Verteilung von Ausschussvorsitzen zu verwenden. Da unter anderem
die drittgrößte Fraktion im Europaparlament nun keinen
Ausschussvorsitz übernimmt, wurde von dem System abgewichen. 

Alle anderen Fraktionen bekommen Leitungsposten

Insgesamt wurden 20 Ausschussvorsitze sowie vier Vorsitze für
Unterausschüsse vergeben. Dabei konnte das Mitte-Rechts-Bündnis EVP,
zu dem auch CDU und CSU gehören, acht Leitungsposten für sich
gewinnen. Die Sozialdemokraten stellen künftig fünf Vorsitzende und
die Liberalen drei. 

Auch die rechtskonservative EKR-Fraktion besetzt künftig drei
Ausschussspitzen. Eine Grünen-Politikerin sowie ein Grünen-Politiker
konnten ebenfalls Ausschussvorsitze erhalten, die Linken-Fraktion
bekam ebenso zwei dieser Posten. Darüber hinaus leitet eine
Politikerin der Partei Volt eines der Gremien. 

Vor der Wahl hatte es unter anderem Debatten darüber gegeben, ob der
«Cordon sanitaire» auch für Parteien der EKR-Fraktion gelten müsse.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte es vor ihrer
Wahl nicht ausgeschlossen, sich beispielsweise auch mit Stimmen aus
der Partei von Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
wählen zu lassen. 

Ähnliche Lage in Berlin

Einen ähnlichen Konflikt gibt es auch im Deutschen Bundestag. Die AfD
kämpft derzeit in Karlsruhe dafür, dass sie den Vorsitz in mehreren
Ausschüssen bekommt. Das Bundesverfassungsgericht will bis September
klären, ob Mitwirkungs- und Teilhaberechte der AfD-Fraktion aus dem
Grundgesetz die Geschäftsautonomie des Bundestags einschränken.
Insbesondere wollen sich die Karlsruher Richter und Richterinnen ein
«genaueres Bild von der bisherigen parlamentarischen Praxis und
Tradition» machen, wie Vize-Gerichtspräsidentin Doris König im März

sagte.