EU-Bericht: «Straflosigkeit» für Beamte an EU-Außengrenzen
30.07.2024 06:00
Mutmaßliche Misshandlungen oder unterlassene Hilfe durch
Grenzschützer: Berichten zufolge sind laufend Migranten und
Flüchtlinge davon betroffen. Zu Verurteilungen kommt es aber selten.
Wien (dpa) - Menschenrechtsverletzungen durch Grenzbeamte gegen
Migranten und Flüchtende werden einem EU-Bericht zufolge zu selten
verfolgt. «Es herrscht ein Eindruck von Straflosigkeit», heißt es in
dem Dokument der Grundrechteagentur der Europäischen Union (FRA) in
Wien. Der Bericht konzentrierte sich auf Länder der EU-Außengrenze -
vom Ärmelkanal über das Mittelmeer bis zu den Grenzen im Osten, am
Balkan und im Ägäischen Meer.
Glaubhafte Berichte von Gewalt, Misshandlungen, unterlassener Hilfe
oder Zurückweisung von Schutzsuchenden - sogenannte Pushbacks -
würden laufend von Organisationen der Vereinten Nationen und des
Europarates sowie von Menschenrechtlern vorgebracht, hieß es.
Viele Vorwürfe, aber kaum Verurteilungen
Zwischen 2020 und 2023 stieß die FRA auf 118 disziplinäre
Untersuchungen gegen Grenzbeamte in 16 Ländern. Strafmaßnahmen gegen
Beamte sind der Grundrechteagentur nur in acht Fällen bekannt - vier
in Kroatien und vier in Ungarn. Im gleichen Zeitraum gab es demnach
auch mindestens 84 strafrechtliche Untersuchungen gegen
Grenzschützer, aber nur drei Verurteilungen.
Obwohl in Griechenland die größte Anzahl an mutmaßlichen Fällen
vorliegt, wurden dort laut FRA keine Beamte disziplinär oder
strafrechtlich belangt. Jährlich gehen auch dutzende Beschwerden
gegen die EU-Grenzschutzagentur Frontex ein, hieß es in dem Bericht.
Forderung nach Handydaten von Grenzschützern
Wegen fehlender oder mangelhafter Ermittlungen würden Betroffene eher
den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als nationale
Gerichte anrufen, stellte die FRA fest. Der Gerichtshof in Straßburg
hat in den vergangenen Jahren unter anderem Mängel bei Untersuchungen
zu einem Schiffbruch mit elf Toten in Griechenland und zu einem toten
sechsjährigen afghanischen Kind in Kroatien festgestellt.
Die FRA fordert nun von EU-Staaten, regelmäßig Rechtsverstöße an de
n
Grenzen offenzulegen, Opfer stärker in die Ermittlungen einzubinden,
und auf GPS- und Handydaten von Beamten zuzugreifen, um Vorwürfen
nachzugehen.