Von der Leyen droht männerdominierte EU-Kommission

02.09.2024 16:55

Die erste Nominierungsrunde für die nächste EU-Kommission ist
beendet. Präsidentin Ursula von der Leyen hatte dazu eine Bitte, der
allerdings kaum jemand nachkommt.

Brüssel (dpa) - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird
in ihrer zweiten Amtszeit aller Voraussicht nach einem
männerdominierten Kollegium vorsitzen müssen. In der ersten
Nominierungsrunde für das Spitzengremium der Kommissare benannten
lediglich 8 der 25 vorschlagsberechtigten EU-Staaten eine Frau. Dies
wurde an diesem Montag mit der Entscheidung Belgiens für seine
Außenministerin Hadja Lahbib offiziell.

Alle anderen vorschlagsberechtigten Länder hatten bereits bis zum
vergangenen Freitag eine Vertreterin oder einen Vertreter für das
Kollegium nominiert. Nicht beteiligt waren Deutschland und Estland,
weil sie mit von der Leyen und der bereits nominierten
Außenbeauftragten Kaja Kallas schon Spitzenpolitiker für das
Kollegium stellen.

Der Führung der EU-Kommission sind rund 32.000 Mitarbeiter
unterstellt, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze machen
und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Zu Beginn der
ersten Amtszeit von der Leyens waren immerhin 12 der 27
Kollegiumsmitglieder weiblich.

Für von der Leyen ist das Nominierungsverhalten der Mitgliedstaaten
ärgerlich, weil sie die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten
darum gebeten hatte, sowohl einen Mann als auch eine Frau zu
nominieren. Dies sollte es ermöglichen, ein ausgeglichenes
Geschlechtergleichgewicht in der Kommission zu ermöglichen.
Ausgenommen von dieser Bitte waren eigentlich nur diejenigen
Regierungen, die einen derzeit amtierenden Kommissar erneut
nominieren. Einen öffentlichen Vorschlag für einen Mann und eine Frau
machte allerdings lediglich Bulgarien.

Rechtlich erzwingen kann von der Leyen eine Nominierung von Frauen
nicht. Denkbar ist allerdings zum Beispiel noch, dass ein Teil der
Kandidaten nach Anhörungen durch Ausschüsse des Europäischen
Parlaments nicht die notwendige Zustimmung bekommt. Die betroffenen
Mitgliedstaaten müssten dann ein neues Mitglied für die Kommission
vorschlagen. Zudem wäre es möglich, dass von der Leyen schon im
Vorfeld ausgewählte Staats- und Regierungschefs bittet, ihre
Nominierungen noch einmal zu überdenken.

Von der Leyen selbst will sich zu Details des laufenden
Auswahlverfahrens vorerst nicht äußern. Ihre Sprecher lassen
lediglich wissen, dass die frühere deutsche Verteidigungsministerin
mit den nominierten Personen Gespräche führe und den Auserwählten
dann vermutlich bis zum 11. September Aufgabenbereiche zuordnen
werde. Erstmals soll es beispielsweise auch Kommissare für Themen wie
Verteidigung und Wohnen geben.