Expertendialog empfiehlt Umbau der EU-Agrarpolitik
04.09.2024 12:57
Laut, motorisiert und teils mit Gewalt haben Landwirte in der EU
protestiert - etwa gegen Umweltauflagen. Nun gibt es bereits vor
Amtsantritt einer neuen EU-Kommission Vorschläge für Änderungen.
Brüssel (dpa) - Mehr Geld für Umwelt, Tierwohl und Landwirte in Not:
Ein von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ins Leben
gerufener Expertendialog empfiehlt einen deutlichen Umbau der
EU-Agrarpolitik. «Das derzeitige Konzept muss angepasst werden, um
aktuellen und künftigen Herausforderungen gerecht zu werden», heißt
es in einem Abschlussbericht des sogenannten Strategiedialogs. Mit
Hunderten Milliarden Euro ist die EU-Agrarpolitik einer der größten
Posten im EU-Haushalt.
«Kaum ein Sektor ist für unseren Kontinent so wichtig wie die
Landwirtschaft», sagte Kommissionspräsidentin von der Leyen bei der
Übergabe des Berichts in Brüssel. «Aber wir wissen, dass unsere
Landwirte mit vielen Herausforderungen konfrontiert sind. Sei es
durch den sehr harten globalen Wettbewerb oder auch durch die
verheerenden Auswirkungen des Klimawandels.»
Özdemir begrüßt Empfehlungen
Konkret sollte sich die EU-Agrarpolitik nach Meinung der
Expertengruppe stärker diejenigen Landwirtinnen und Landwirte
unterstützen, die Förderung am dringendsten benötigten. Zudem soll
umweltfreundliches Handeln stärker belohnt werden genauso wie
Maßnahmen, die Beschäftigten und dem Tierwohl zugutekommen. Zudem
sollten bessere Rahmenbedingungen für lebenswerte ländliche Räume
geschaffen werden. Die Empfehlungen der Vertreterinnen und Vertreter
aus Landwirtschaft, Einzelhandel, Wissenschaft und Zivilgesellschaft
sind rechtlich nicht verbindlich.
Bundesagrarminister Cem Özdemir begrüßte die Vorschläge. «Die
Landwirtinnen und Landwirte erwarten zu Recht ansprechende
Förderungen, damit sich ihr Einsatz für Umwelt, Artenschutz, Klima
und Tierwohl auch finanziell auszahlt», teilte der Grünen-Politiker
mit.
Experten: Zeit für Veränderung ist jetzt
Die Gruppe hatte ihre Arbeit im Januar mit dem Ziel aufgenommen,
gemeinsame Lösungen für die Zukunft der Agrar- und Ernährungssysteme
der EU zu entwickeln. Knapp 30 Vertreterinnen und Vertreter unter
anderem aus dem Agrar- und Ernährungssektor sowie der Wissenschaft
kamen mehrfach zusammen. Sie betonen, dass die Zeit für Veränderung
jetzt sei. Zudem heißt es: «Der Umstieg auf eine ausgewogene,
gesündere und nachhaltigere Ernährung ist für einen erfolgreichen
Übergang unerlässlich.»
Von der Leyen hatte den Strategiedialog bereits im September 2023
angekündigt. Bauern aus verschiedenen EU-Ländern - darunter aus
Deutschland - hatten wiederholt zum Beispiel gegen EU-Umweltauflagen
demonstriert. In Deutschland richteten sich die Proteste zwar vor
allem gegen Kürzungen der Bundesregierung, Umweltauflagen aus Brüssel
stehen aber immer wieder in der Kritik von Landwirten. Bei den
Protesten in Europa kam es zu Gewalt auf den Straßen.
Landwirtschaft war auch während des Europawahlkampfs eines der
größeren Themen. Die wiedergewählte Kommissionspräsidentin von der
Leyen hatte versprochen, in den ersten 100 Tagen ihrer neuen Amtszeit
eine Vision für Landwirtschaft und Ernährung vorzustellen. Noch muss
sie aber ihr Team zusammenstellen, so ist etwa unklar, wer künftig
EU-Agrarkommissar oder -kommissarin wird.