Staatsregierung und Bund Naturschutz streiten um den Wolf

26.09.2024 12:54

Die Meinung über Wölfe spaltet die Menschen - auch in Bayern. Die
einen verteufeln die Tiere, die anderen wollen sie weiter schützen.
Der Streit geht auch nach einer EU-Entscheidung weiter. Und wie.

München (dpa/lby) - Der Streit zwischen der bayerischen
Staatsregierung und dem Bund Naturschutz (BN) über den Schutz und den
Abschuss von Wölfen geht nach einer EU-Entscheidung weiter.
Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) griff den BN am Donnerstag
scharf an und warf dem Verband vor, ideologiegetrieben zu sein und
«Märchen» zu erzählen.

BN-Landeschef Richard Mergner hatte am Mittwoch erklärt, der Wolf
werde in Bayern in den nächsten Jahren weiterhin nicht ohne weiteres
bejagt werden dürfen. Und auch wolfsfreie Zonen seien trotz der
Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes rechtlich nicht möglich.

Herrmann konterte nun: «Die Behauptung des BN, die Absenkung des
Schutzstatus für den Wolf durch die EU habe keinerlei Auswirkungen,
ist ignorant, weltfremd und leider ideologiegetriebener Unsinn. Die
Herabsetzung des Schutzstatus ist der entscheidende Schritt, um den
Wolf in betroffenen Gebieten leichter zu entnehmen.» Das sei die
Rechtslage, die auch der BN akzeptieren müsse, «anstatt irgendwelche
Märchen zu erzählen».

Noch weiter Weg bis zur finalen Umsetzung

Vertreter der EU-Staaten hatten am Mittwoch mit der Stimme
Deutschlands eine Abschwächung des Schutzes von Wölfen auf den Weg
gebracht und damit auch in Bayern ein weiteres Kapitel in der seit
Jahren laufenden emotionalen Debatte über den Umgang mit den
Wildtieren eröffnet. Während etwa Umweltschützer den Schutz der einst

ausgestorbenen Wölfe weiter hochhalten, fährt die Staatsregierung und
mit ihr eine Vielzahl von Landwirten einen völlig gegensätzlichen
Kurs. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) umschrieb die Position
plakativ mit der Schlagzeile: «Der Wolf gehört nicht nach Bayern.»

Die Bundesregierung änderte mit ihrer Zustimmung in Brüssel
ihren Kurs in der Wolfspolitik. Aber: Mit der Entscheidung ist ein
schwächerer Schutzstatus noch nicht bindend im EU-Recht
verankert. Vorgesehen ist, dass der Schutzstatus des Wolfs von streng
geschützt auf geschützt gesenkt werden soll. Bis zu der finalen
Umsetzung ist es noch ein weiter Weg.

Herrmann: EU-Entscheidung großer Erfolg

Herrmann wertete die EU-Entscheidung als großen Erfolg. «Wir haben in
Bayern wie in ganz Europa einen nach Expertenmeinung völlig
veränderten Wolfsbestand, deshalb ist es nur konsequent, den
Rechtsrahmen daran anzupassen.» Statt sich blind und einseitig auf
den Wolf zu fixieren, solle der BN diese Realität und Rechtslage
anerkennen. «Wir wollen einen besseren Schutz der Weidetiere, und mit
der erleichterten Bejagung des Wolfes wird dieser - neben anderen
erforderlichen Schutzmaßnahmen - selbstverständlich auch gelingen.»

Bayern hatte ungeachtet des bisher strengen Schutzstatus von Wölfen
zwischenzeitlich eine eigene Wolfsverordnung erlassen. Diese sah
unter anderem vor, dass Wölfe abgeschossen werden dürfen, wenn sie
die Gesundheit des Menschen oder die öffentliche Sicherheit
gefährden. Möglich wäre der Abschuss auch «zur Abwendung ernster
landwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden»
gewesen. Aber: Die Regelung wurde wegen formaler Mängel vom
Verwaltungsgericht einkassiert, ohne je angewendet worden zu sein.
Sie war nur zwischen Mai 2023 und Mitte Juli 2024 in Kraft. Die
Staatsregierung kündigte nach der Pleite vor Gericht an, die Regel
nach einem erneuten Gesetzgebungsverfahren unverändert wieder
einsetzen zu wollen. Im Gegenzug drohte der BN erneut mit einer
Klage.