EuGH: Taliban-Maßnahmen gegen Afghaninnen Akt der Verfolgung
04.10.2024 15:20
Seit August 2021 herrschen in Afghanistan wieder die islamistischen
Taliban. Frauen sind seitdem von vielen Bereichen ausgeschlossen.
Maßnahmen gegen sie stellen laut EuGH Asylgründe dar.
Luxemburg (dpa) - Einige der von den in Afghanistan herrschenden
Taliban verhängten diskriminierenden Maßnahmen gegen Frauen stellen
nach Ansicht des Obersten Gerichts der Europäischen Union einen Akt
der Verfolgung dar. Zur Prüfung eines individuellen Asylantrags
afghanischer Frauen genüge es, dass EU-Mitgliedsländer lediglich ihre
Staatsangehörigkeit und ihr Geschlecht berücksichtigten, teilte der
Europäische Gerichtshof (EuGH) mit. Dieser Entscheidung zufolge
«können die zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten davon
ausgehen, dass nicht festgestellt werden muss, dass die
Antragstellerin bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland tatsächlich
und spezifisch Verfolgungshandlungen zu erleiden droht».
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte mit, man habe das
Urteil zur Kenntnis genommen und werde die Folgen prüfen. «Diese
Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.»
Geklagt hatten zwei afghanische Frauen, denen der Flüchtlingsstatus
in Österreich verweigert wurde und die gegen diese Entscheidungen
Berufung einlegten. Die Urteile des EuGH sind für die Mitgliedstaaten
bindend und müssen von den nationalen Gerichten in ihren
Entscheidungen beachtet werden.
Die Rückkehr der Taliban an die Macht im Jahr 2021 hatte
schwerwiegende Auswirkungen auf die Grundrechte der Frauen, von denen
einige nach Ansicht des EuGH als «Verfolgung» einzustufen sind. «Dies
gilt für die Zwangsverheiratung, die einer Form der Sklaverei
gleichzustellen ist, und für den fehlenden Schutz vor
geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, die Formen
unmenschlicher und erniedrigender Behandlung darstellen. »