Polen droht Ärger wegen Plänen zur Asylrecht-Einschränkung

14.10.2024 17:12

Die Regierung in Warschau sieht sich durch Migranten an der Grenze zu
Belarus unter Druck. Nun will sie das Asylrecht vorübergehend
aussetzen. Dies ruft Kritik der EU-Kommission auf den Plan.

Brüssel/Warschau (dpa) - Polen muss wegen seiner Pläne zur Aussetzung
des Asylrechts Gegenwind der EU-Kommission befürchten. Diese ist für
die Einhaltung des EU-Rechts zuständig. Eine Sprecherin der Brüsseler
Behörde verwies am Montag darauf, dass die EU-Staaten durch
gemeinsame Regeln verpflichtet seien, Schutzsuchenden Zugang zu
Asylverfahren zu bieten.

Demnach lässt es sich möglicherweise auch ohne eine Aussetzung des
Rechts auf Zugang zum Asylverfahren verhindern, dass Länder wie
Russland und Belarus Migration instrumentalisieren und als Waffe
gegen EU-Staaten nutzen. Dazu soll es in Krisenfällen etwa eine
verstärkte Zusammenarbeit und Solidarität in der EU geben.

Zur konkreten Ankündigung des polnischen Regierungschefs Donald Tusk
sagte die Sprecherin, die Kommission sei in Kontakt mit den
polnischen Behörden dazu. Dabei gehe es auch darum, was die Regierung
genau vorhabe. 

Tusk hatte am Samstag auf einem Parteitag seiner liberalkonservativen
Bürgerkoalition angekündigt, sein Land wolle auf diese Weise die
irreguläre Migration begrenzen. «Der Staat muss wieder zu hundert
Prozent die Kontrolle darüber zurückgewinnen, wer nach Polen kommt
und einreist», sagte Tusk. Er werde die Anerkennung dieser
Entscheidung in Europa einfordern. Details dazu nannte er nicht. Eine
Strategie für die Migrationspolitik soll am Dienstag auf einer
Kabinettssitzung vorgestellt werden. 

Die Ankündigung sorgte auch bei den Koalitionspartnern in Tusks
Mitte-Links-Bündnis für Unmut. Ein Vertreter des mitregierenden
Linksbündnisses Lewica sagte der Nachrichtenagentur PAP, Tusk
übernehme die Rhetorik der früheren nationalkonservativen
PiS-Regierung und stelle sich «in eine Reihe mit Ungarns
Ministerpräsident Viktor Orban.»

Polen und die EU werfen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und
dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Migranten
aus Krisenregionen in organisierter Form an die polnische Ostgrenze
zu bringen. Diese ist auch eine EU-Außengrenze. 

Bei einer Entscheidung, die Asylregeln auszusetzen, könnte sich die
polnische Regierung auf Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union berufen. Dieser wird so interpretiert, dass
Mitgliedstaaten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und
zum Schutz der inneren Sicherheit in Ausnahmefällen von anderen
EU-Regeln abweichen können. Wie ernst die Lage dafür sein muss, ist
aber rechtlich unklar.