EU-Agentur: Wasserversorgung vor großen Herausforderungen von Katharina Redanz, dpa

15.10.2024 00:10

Dünger aus der Landwirtschaft setzt dem Wasser zu, der Klimawandel
verstärkt sowohl Wasserknappheit als auch Überschwemmungen. Wie steht
es um Europas Wasser und die Versorgungssicherheit?

Kopenhagen (dpa) - Dreckige Luft sowie Nährstoffe und Pestizide aus
der Landwirtschaft: Um den Großteil der europäischen Gewässer steht
es weiterhin nicht gut. Nur 37 Prozent der sogenannten
Oberflächenwasserkörper - also etwa Seen oder Flüsse - in Europa
befanden sich nach Angaben der Europäischen Umweltagentur EEA 2021 in
einem guten oder sehr guten Zustand. Trotz Bemühungen der Länder habe
sich diese Zahl seit 2015 kaum verändert, heißt es in einem neuen
Bericht der in Kopenhagen ansässigen EU-Behörde. Die fehlende
Verbesserung des ökologischen Zustands spiegele die anhaltende
Belastung der Oberflächengewässer auf dem gesamten Kontinent wider.

«Unsere Gewässer stehen vor noch nie dagewesenen Herausforderungen,
die die Wassersicherheit Europas bedrohen», sagt EEA-Direktorin Leena
Ylä-Mononen. «Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, um die
Gesundheit unserer wertvollen Flüsse, Seen, Küstengewässer und
anderen Gewässer wiederherzustellen und sicherzustellen, dass diese
lebenswichtige Ressource für künftige Generationen widerstandsfähig
und sicher ist.» Die Sicherheit der Wasserversorgung stehe jetzt und
in Zukunft vor großen Herausforderungen, so die EEA.

Vor allem die Landwirtschaft belastet Wasser

Die größte Belastung des Oberflächen- und Grundwassers gehe von der
Landwirtschaft aus, berichtet die Agentur unter Berufung auf Angaben
der Mitgliedsstaaten. Grund dafür sei vor allem der intensive Einsatz
von Nährstoffen und Pestiziden. Abhilfe schaffen könnten etwa
Änderungen der landwirtschaftlichen Praktiken und neue Technologien,
schreibt die EEA. Gleichzeitig sei die Landwirtschaft bei weitem der
größte Netto-Wasserverbraucher in Europa - «und ohne Änderungen der

Praktiken wird der Bedarf der Bewässerungslandwirtschaft mit dem
Klimawandel wahrscheinlich steigen».

Das Grundwasser liefert den Angaben nach zwei Drittel des
Trinkwassers in der EU und unterstützt Ökosysteme wie Feuchtgebiete
und Flüsse. Demnach sind 77 Prozent der Grundwasserkörper in einem
guten chemischen Zustand. Die Hauptschadstoffe seien Nitrate und
Pestizide. Mengenmäßig befänden sich 91 Prozent des Grundwassers in
einem guten Zustand, heißt es.

Wasser wird knapper

Allerdings: Sogenannter Wasserstress sei eine wachsende Sorge in
Europa, vor allem mit zunehmender Wasserknappheit im Süden sowie
häufigeren und stärkeren Dürreperioden auf dem ganzen Kontinent. Dies

wirke sich auf die öffentliche Wasserversorgung sowie auf
Landwirtschaft und Industrie aus, heißt es. Bereits jetzt seien
jährlich 20 Prozent des europäischen Lands sowie 30 Prozent der
Bevölkerung von Wasserstress betroffen. «Zahlen, die in Zukunft
aufgrund des Klimawandels wahrscheinlich noch steigen werden», so die
EEA. Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) spricht man von
Wasserstress, wenn mehr als 20 Prozent des verfügbaren Wassers vom
Menschen genutzt wird.

Dagegen hilft ein geringerer Wasserverbrauch: «Die Reduzierung von
Lecks, die Verwendung wassersparender Geräte und Prozesse und die
Erhöhung der Wasserwiederverwendung würden die Effizienz verbessern»,

sagt die EEA. Auch der Wasserpreis spiele eine Rolle: Er könne unter
anderem eine wichtige Triebkraft für die Verringerung des Verbrauchs
sein.

Klimawandel verstärkt Hochwasserrisiko

Auch «zu viel» Wasser wird nach der Analyse der Experten zu einem
immer größeren Problem: Intensive Regenfälle haben in Teilen Europas

bereits zugenommen, was zu Überschwemmungen und wachsenden
Hochwasserrisiken führe. Mit dem Klimawandel in Europa werde ein
erschwingliches und nachhaltiges Hochwasserrisikomanagement immer
wichtiger, mahnt die Agentur.

Erst im September hatten Überschwemmungen in ganz Mittel- und
Osteuropa - von Rumänien über Österreich bis Polen - große
Verwüstungen angerichtet. Auch im vergangenen Jahr war es innerhalb
weniger Monate zu schweren Überschwemmungen mit Todesopfern in
Italien, Norwegen, Slowenien und an der Mittelmeerküste gekommen.

Der Bericht der Umweltagentur ist eigenen Angaben zufolge die
umfangreichste Bewertung des Zustands der europäischen Gewässer, die
mehr als 120.000 Oberflächengewässer und 3,8 Millionen Kilometer
Grundwasserfläche in der Europäischen Union und Norwegen umfasst. Der
Bericht basiert auf Daten, die von 19 EU-Mitgliedstaaten übermittelt
wurden. Er repräsentiert 85 Prozent der Oberflächenwasserkörper und
87 Prozent der Grundwasserkörper in der EU.