Tusk: Migration über Belarus ist paramilitärisch organisiert

16.10.2024 12:39

Polen will das Recht auf Asyl an der Grenze zu Belarus vorübergehend
aussetzen. Die Belarus-Route ist kein von Flüchtlingen spontan
gewählter Weg, sagt die Regierung. Gegenwind kommt vom Präsidenten.

Warschau (dpa) - Polens Regierungschef Donald Tusk hat den geplanten
harten Kurs seines Landes gegen Migranten an der Grenze zu Belarus
verteidigt. An Polens Ostgrenze habe man es nicht mit Flüchtlingen zu
tun, die sich spontan und zufällig dort eingefunden hätten, sagte
Tusk der Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» (Mittwochsausgabe). «Diese
Aktionen sind paramilitärisch organisiert, und wir beobachten
zunehmend, dass in Syrien und im Iran Gruppen organisiert werden, die
nicht nur für den illegalen Grenzübertritt ausgebildet werden,
sondern auch für ein Verhalten, das wir in der Nato als gefährlich
bezeichnen müssen.» 

Es gebe ein ganzes System der Rekrutierung über russische und
belarussische diplomatische Vertretungen in mehreren Ländern, sagte
Tusk weiter. Aus Syrien habe man Erkenntnisse, wonach Kriminelle und
Menschen mit Verbindungen zu Terrororganisationen aus Gefängnissen
entlassen und an die polnisch-belarussische Grenze gebracht würden.
Diese ist auch eine Außengrenze der EU. 

Neues Gesetz soll Recht auf Asyl an Grenze zu Belarus aufheben

Polen will mit einem neuen Gesetz das Recht auf Asyl für irreguläre
Migranten an der Grenze zu Belarus vorübergehend aussetzen. Der
Gesetzentwurf soll in einigen Wochen vorliegen. Am Dienstag hatte
Tusks Mitte-Links-Regierung ein Papier zur Migration verabschiedet,
das auch eine zeitweise Einschränkung des Asylrechts vorsieht.

Polen und die EU beschuldigen Russlands Präsidenten Wladimir Putin
und seinen Verbündeten, den belarussischen Machthaber Alexander
Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an
die EU-Außengrenze zu bringen, um Druck auf den Westen auszuüben.
Trotz des Baus eines mehr als fünf Meter hohen Zauns und eines
elektronischen Überwachungssystems versuchen Migranten täglich,
irregulär die Grenze zu überqueren. Seit Beginn des Jahres hat der
Grenzschutz knapp 28.000 solcher Versuche registriert.

Präsident: Einschränkung des Asylrechts wäre «fataler Fehler»

Polens Staatsoberhaupt Andrzej Duda kritisierte die von Tusks
Regierung geplante Einschränkung des Asylrechts. «Dies wird nicht
dazu dienen, die Grenze abzuschotten und die illegale Migration
einzudämmen», sagte Duda in einer Rede vor dem Parlament. Vielmehr
werde es das geplante Gesetz verhindern, dass Vertreter der
belarussischen Opposition, die von Lukaschenkos Regime verfolgt
würden, in Polen Asyl erhalten können. «Das ist offenbar ein fataler

Fehler», kritisierte Duda.

Tusk entgegnete, es haben keinen einzigen Vorfall gegeben, wo ein
belarussischer Oppositioneller versucht habe, unerlaubt die Grenze zu
überqueren. «Herr Präsident, etwas Dümmeres kann man sich nicht
ausdenken», sagte Tusk.