EZB senkt erneut Zinsen im Euroraum - fallende Inflation

17.10.2024 14:30

Die Inflation im Euroraum sinkt, während die Konjunktur schwächelt.
Die Europäische Zentralbank reagiert mit der nächsten Zinssenkung.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt erneut
die Leitzinsen im Euroraum. Der am Finanzmarkt richtungsweisende
Einlagenzins, den Banken für bei der Notenbank geparktes Geld
erhalten, fällt um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent. Damit
reagiert die Notenbank auf die abflauende Inflation im Euroraum. 

Der Zinssatz, zu dem sich Banken Geld bei der Notenbank besorgen
können, sinkt ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent, wie
die EZB nach einer auswärtigen Sitzung in Slowenien mitteilte. Es ist
das dritte Mal, dass die Notenbank in diesem Jahr die Zinsen senkt.
Hinweise auf weitere Zinsschritte im Jahresverlauf vermied die EZB.
Man werde weiter datenabhängig entscheiden, hieß es.

Kredite etwa für den Hausbau könnten günstiger werden

Sinkende Leitzinsen stützen zeitverzögert die Konjunktur und sind
daher eine gute Nachricht für die schwache deutsche Wirtschaft.
Unternehmen können bei günstigeren Krediten leichter investieren und
Verbraucher sich billiger verschulden - etwa beim Hausbau. Sparer
hingegen müssen mit niedrigeren Zinsen bei ihrer Bank rechnen und
geringere Renditen etwa bei Lebensversicherungen in Kauf nehmen.

Mit der Zinssenkung habe die EZB den Konjunktursorgen im Euroraum
stärker Rechnung getragen, sagte Heiner Herkenhoff,
Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Er warnte umgehend vor
Illusionen: «Leitzinssenkungen werden die hartnäckige, weil
strukturelle Wachstumsschwäche nicht beseitigen. Stattdessen braucht
gerade Deutschland entschlossene wirtschaftspolitische
Weichenstellungen», sagte Herkenhoff. 

Erfolge im Kampf gegen die Inflation

Ökonomen hatten die Zinssenkung der EZB erwartet, denn die Inflation
im Euroraum sinkt: Im September fiel die Teuerungsrate dem
Statistikamt Eurostat zufolge auf 1,7 Prozent. Das war noch weniger
als in einer ersten Schätzung errechnet und deutlich niedriger als im
August (2,2 Prozent). Die Inflation lag damit erstmals seit Mitte
2021 unter der Zielmarke von zwei Prozent, die die EZB mittelfristig
im Euroraum anstrebt. Vor allem billigere Energie drückte die
Teuerungsrate und sorgte auch in Deutschland für einen deutlichen
Rückgang der Inflation. 

Zugleich macht die schwache Konjunktur in der Eurozone der EZB
Sorgen. Sie erwartet nur ein Mini-Wachstum von 0,8 Prozent im
laufenden Jahr - etwas weniger als im Sommer vorhergesagt. Dabei
wirkt die schwache Wirtschaft in Deutschland wie ein Bremsklotz. Erst
in den Folgejahren soll sich die Konjunktur im Währungsraum erholen,
so die Notenbank. 

 «Wir können die Wachstumsabschwächung nicht ignorieren», hatte
EZB-Direktorin Isabel Schnabel jüngst gesagt. Ein nachhaltiger
Rückgang der Inflation zum Ziel von zwei Prozent werde «in
angemessener Zeit wahrscheinlicher». Auch Bundesbank-Präsident
Joachim Nagel, der sonst eher für einen vorsichtigen Kurs der EZB
plädierte, hatte sich zuletzt offen für Diskussionen über eine
Zinssenkung gezeigt.

Restrisiken bleiben

Trotz der Fortschritte im Kampf gegen die Inflation sehen Ökonomen
die EZB noch nicht am Ziel: Denn die Kerninflation ohne
schwankungsanfällige Preise für Energie und Nahrungsmittel hält sich

im Euroraum zäh. Sie sank im September nur leicht um 0,1
Prozentpunkte auf 2,7 Prozent. Die EZB erwartet zudem, dass die
Inflation zum Jahresende wieder etwas anzieht.

Die Notenbank hatte im Juni die Zinswende eingeleitet und erstmals
seit der Inflationswelle die Leitzinsen gesenkt. Im September wurde
der Einlagenzins erneut nach unten gesetzt. Zuvor hatte die EZB seit
Juli 2022 zehnmal in Folge die Zinsen erhöht, um die im Zuge des
Ukraine-Kriegs hochgeschossene Inflation in den Griff zu bekommen.
Ihren Höchststand hatte die Inflation in der Eurozone im Oktober 2022
bei mehr als zehn Prozent erreicht.