Selenskyj spricht bei EU-Gipfel von Atomwaffen-Option

17.10.2024 15:40

Wäre Russland in die Ukraine einmarschiert, wenn diese noch
Atomwaffen besessen hätte? Der ukrainische Präsident hat zum Thema
eine klare Meinung. Und setzt damit nun auch Verbündete unter Druck.

Brüssel (dpa) - Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj droht
indirekt mit einer Wiederbewaffnung seines Landes mit Atomwaffen,
sollte es nicht Mitglied der Nato werden können. «Welchen Ausweg
haben wir? Entweder wird die Ukraine Atomwaffen haben oder wir müssen
in irgendeiner Allianz sein», sagte er bei einer Pressekonferenz in
Brüssel. Dazu ergänzte er, dass er außer der Nato keine
funktionierenden Allianzen kenne.

Mit Blick auf möglichen Widerstand aus den USA gegen eine
Nato-Mitgliedschaft der Ukraine erklärte Selenskyj, dass er auch mit
dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump bereits
über das Thema gesprochen habe. Und er denke, dass dieser ihn in
diesem Fall verstanden habe. Die Ukraine wolle die Nato und nicht
Atomwaffen, betonte er.

Für amerikanische Sorgen, dass eine Einladung der Ukraine in die Nato
die Vereinigten Staaten ungewollt in einen Krieg hineinziehen
könnten, äußerte Selenskyj kein Verständnis. «Eine Einladung ist
ein
präventiver Schritt, um zu zeigen, dass es nicht Putin ist, der die
Welt verändert», sagte er mit Blick auf die Kriegspolitik des
russischen Präsidenten.

Möglicher Rückschlag für die Nato

Den Gedanken an eine mögliche atomare Wiederbewaffnung der Ukraine
erklärte Selenskyj mit dem Scheitern des sogenannten Budapester
Memorandums aus dem Jahr 1994. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion
hatte sich die Ukraine mit ihm verpflichtet, die auf ihrem
Staatsgebiet gelagerten sowjetischen Atomwaffen an Russland zu
übergeben. Im Gegenzug bekräftigten die Atomwaffenstaaten Russland,
USA und Großbritannien, dass sie die Unabhängigkeit und die Grenzen
der Ukraine achten und das Land nicht mit Atomwaffen bedrohen werden.

Dass das Dokument nicht als Sicherheitsgarantie funktionierte,
zeigten allerdings die vergangenen Jahre. Seit der russischen
Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland
kommt das Thema einer atomaren Wiederbewaffnung deswegen immer wieder
in der ukrainischen Diskussion auf. Kurz vor dem russischen Einmarsch
2022 deutete Selenskyj bei einem Auftritt auf der Münchner
Sicherheitskonferenz ebenfalls an, dass sein Land eine atomare
Wiederbewaffnung in Betracht ziehen könnte.

Für die Nato wäre eine solche Entwicklung ein großer Rückschlag, we
il
sie sich eigentlich dafür einsetzt, dass sich die Zahl der Atommächte
nicht weiter erhöht.