«Dabei bleibt es»: Scholz erteilt Selenskyj bei EU-Gipfel Absage

17.10.2024 23:34

Die Ukraine will «Frieden durch Drohungen» schaffen und dafür auch
endlich Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland haben. Der Kanzler
reagiert deutlich und macht auch Friedrich Merz Vorwürfe.

Brüssel (dpa) - Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt sein Nein zu
zentralen Punkten des «Siegesplans» der ukrainischen Staatsführung
mit Sorgen vor einer weiteren Eskalation. Man habe Verantwortung
dafür, dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine nicht zu
einem Krieg zwischen Russland und der Nato werde, sagte Scholz am
Donnerstagabend nach einem EU-Gipfel in Brüssel. An seiner Weigerung,
reichweitenstarke Marschflugkörper vom Typ Taurus zu liefern, gebe es
nichts zu ändern. «Das halte ich nicht für eine richtige Lieferung -

und dabei bleibt es auch», sagte der SPD-Politiker.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor bei dem
EU-Gipfel seinen Plan für einen Sieg gegen Russland vorgestellt und
Scholz noch einmal öffentlich zur Lieferung von
Taurus-Marschflugkörpern aufgefordert. Ein abschreckendes
Raketenarsenal könnte nach seiner Vorstellung ein Weg sein, um
Russland, das 2022 in das Nachbarland einmarschiert war, in
Friedensverhandlungen zu zwingen.

Scholz bremst auch bei Nato-Einladung

Ein weiter Punkt des Plans ist eine schnelle Einladung der Ukraine in
die Nato. Auch bei diesem Punkt steht Scholz aber auf der Bremse. Der
Kanzler verwies so in Brüssel noch einmal auf die Beschlüsse des
jüngsten Nato-Gipfels in Washington. Bei ihm hatten sich Befürworter
einer schnellen Einladung nicht gegen Gegner wie die USA und
Deutschland durchsetzen können. Die Bündnisstaaten konnten sich
lediglich darauf verständigen, der Ukraine allgemein zuzusichern,
dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr
aufzuhalten sei. 

Zugleich wurde in der Gipfelerklärung noch einmal explizit betont,
dass eine formelle Einladung zum Beitritt erst ausgesprochen werden
könne, wenn alle Alliierten zustimmten und alle Aufnahmebedingungen
erfüllt seien. Dazu zählen Reformen im Bereich der Demokratie und
Wirtschaft sowie des Sicherheitssektors.

Scholz sprach sich zudem dagegen aus, Selenskyjs Plan im Einzelnen
öffentlich zu diskutieren. Dies tue man intern, sagte er.

Vorwürfe gegen Merz 

Unionsfraktionschef Friedrich Merz wurde vom Kanzler wegen dessen
jüngsten Äußerungen in der Taurus-Debatte Inkonsistenz vorgeworfen.
Er finde es «doch ein bisschen irritierend», was der
Oppositionsführer im Bundestag jüngst gemacht habe, sagte Scholz. Vor
den Landtagswahlen in Sachsen, in Thüringen und Brandenburg habe Merz
monatelang geschwiegen. Und nach den Wahlen äußere er sich in der
ganz umgekehrten Richtung.

Merz hatte zuvor Offenheit für Taurus-Lieferungen unter bestimmten
Bedingungen geäußert. Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin die
Angriffe fortsetze, solle gemeinsam in Europa entschieden werden,
dass die Reichweitenbegrenzung für die westlichen Waffen der Ukraine
aufgehoben werde, forderte der CDU-Politiker. Lenke Putin nicht ein,
müsse diesem «gesagt werden: Wenn er nicht innerhalb von 24 Stunden
aufhört, die Zivilbevölkerung in der Ukraine zu bombardieren, dann
müssen aus der Bundesrepublik Deutschland auch
Taurus-Marschflugkörper geliefert werden».